Familie

Bermann Baum wurde im Dezember 1867 in Hasselbach geboren, einem kleinen Dorf im Hintertaunus, rund 20 km von Usingen entfernt. 1885 lebten dort noch 12 Juden. Sein Vater war der Kaufmann Raphael Baum aus Hasselbach, der bereits im August 1897 in Usingen verstorben ist. Seine Mutter Babette Baum, geb. Kremer, starb im November 1905 ebenfalls in Usingen. Bermann Baum hatte drei Geschwister: Johannette Baum (1865-1939), Bernhard Baum (1870-1943) und Emanuel Baum (1873-?).

Bermann Baum heiratete Cäcilie Hirsch, die 1870 in Freudenheim (Österreich-Ungarn?) geboren wurde. Sie hatten zwei Kinder: Elisabeth (Liesel), verheiratete Epstein (1900-?) und Alice, verheiratete Rosenthal (1902-1959). Cäcilie Baum ist bereits im Oktober 1922 mit nur 52 Jahren in Usingen verstorben.

Beruflicher Werdegang
Anzeige der Firma Raphael Baum, die zeigt, dass dieses Geschäft an den hohen jüdischen Feiertagen Rosh haShana und Jom Kippur geschlossen war. Abgedruckt in Stephan Kolb: Die Juden von Usingen, S. 54.

Bermann Baum betrieb zusammen mit anderen Familienmitgliedern in Usingen ein Möbel- und Textilgeschäft in der Obergasse 11 (unter dem Namen "Firma Raphael Baum"). Er war in Usingen sehr aktiv. Zum Beispiel ist er im Jahr 1917 einer von drei Aufsichtsratsmitgliedern des Usinger Vorschußvereins gewesen. Zwei Jahre später, am 9. März 1919, ist Bermann Baum sogar zum Ersten Vorsitzenden der Usinger Kreis- und Ortsgruppe des Volksbundes gewählt worden. 1924 wurde er Mitglied des Gewerbeausschusses des Kreises Usingen. Weitere drei Jahre später wählte der neue "Handwerker- und Gewerbeverein Usingen" Bärmann Baum zum Zweiten Vorsitzenden. Im Frühjahr 1930 stellte der Heimat- und Verkehrsverein Usingen Ruhebänke im Ort auf, etwa am Hattsteiner Weiher. Hierzu hieß es: "Die Schaffung dieser Bänke ist vor allem Kaufmann Bärmann Baum zu verdanken."

Nach der Heirat seiner Tochter Alice ist ihr Ehemann, Kurt Rosenthal in das Geschäft eingestiegen und wurde Teilhaber. Zudem hatte er mindestens nach 1933 eine Generalvollmacht, um für Bernhard Baum Geschäfte abschließen zu können.

Rolle in der Sektion
Alice Baum im Verzeichnis der Mitglieder der Sektion Frankfurt am Main (Stand 1925); Ausschnitt von S. 44 des Berichts der Sektion Frankfurt a. M. des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins 1919-1924, Frankfurt am Main 1925.

Bermann Baum ist 1909 Mitglied der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins geworden. Interessanterweise wurde ihr Vater in den Jahresberichten der Frankfurter Sektion vor dem Ersten Weltkrieg korrekt als Bermann Baum gelistet, im Verzeichnis der Mitglieder im Jahresbericht für den Zeitraum 1919 bis 1924 jedoch als Hermann Baum. Ob es sich hierbei um einen Tippfehler oder eine bewusste Verschleierung des jüdischen Vornamens Bermann handelt, konnten wir aufgrund fehlender Quellen nicht klären. Allerdings ist er auch im Nachrichten-Blatt der Sektion vom März 1930 mit dem Vornamen Hermann als Spender von 5 RM für den Neubau der Rauhekopfhütte aufgeführt. Folglich scheint er nach dem Ersten Weltkrieg nicht merh als Bermann, sondern als Hermann geführt worden sein.

Seine jüngere Tochter Alice Baum ist der Sektion Frankfurt am Main im Jahr 1923 beigetreten. Bermann Baum dürfte sie damals für den Eintritt empfohlen haben. Mangels entsprechender Quellen, können wir zurzeit nicht sagen, in welcher Weise Bermann Baum an den Veranstaltungen der Sektion teilgenommen hat.

Nach der Einführung des sogenannten "Arierparagrafen" in der Satzung der Frankfurter Sektion im Februar 1934 konnte seine Tochter Alice nicht mehr Mitglied bleiben. Er war als Mitglied aus der Zeit vor dem Jahr 1914 von diesem Paragrafen jedoch nicht betroffen. Allerdings wurde Bermann Baum 1934 nicht für seine 25-jährige Mitgliedschaft im Alpenverein ausgezeichnet. Deshalb ist davon auszugehen, dass er zuvor aus der Sektion ausgetreten ist.

Verfolgungsschicksal

Bernhard Baum ging nach der Verwüstung der Usinger Synagoge im September 1938 nach Freiburg (im Breisgau) zu seiner Tochter Elisabeth Epstein, die dort seit 1933 wohnte. Im November 1938 wurde sein Schwiegersohn Kurt Rosenthal mit vorgehaltener Pistole gezwungen, das Wohn- und Geschäftshaus von Bernhard Baum in der Usinger Obergasse 11 unter Wert zu verkaufen. Er selbst ist bereits im Februar 1939 in Freiburg verstorben. Seine beiden Kinder konnten aus Deutschland auswandern: Die ältere Tochter Elisabeth ging in die Schweiz, die jünger Tochter Alice mit ihrer Familie in die USA.

Bernhards Schwester Johannette Baum ist nur kurz nach ihm im März 1939 in Kransberg, einem Dorf, nur 4 km südwestlich von Usingen gelegen, verstorben. Sie wurde noch auf dem jüdischen Friedhof Usingen beerdigt. Sein Bruder Bernhard Baum ging 1938 aus Usingen nach Frankfurt am Main und ist von dort im September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Er verstarb im November 1943 aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen in Theresienstadt.

Während sein Bruder Emanuel Baum aus Usingen nach Frankfurt am Main ging und vor Beginn der Deportationen verstorben ist, wurde dessen ebenfalls aus Usingen stammende Ehefrau Rosa Baum, geb. Gutenstein, im September 1942 aus Frankfurt nach Theresienstadt deportiert. Von dort ist sie im Mai 1944 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert und anschließend ermordet worden.

Quellen und Literatur

Jahresberichte der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, online abrufbar

Stephan Kolb: "... aus der Stadt gewiesen". Die Juden von Usingen. Gießen 1996

Joachim Bierwirth: Die jüdischen Einwohner von Usingen. Materialien zur Rekonstruktion insb. ihrer älteren Geschichte. Usingen 2000, S. 50-51.