
Egon Ewald Pribram wurde am 10. Juli 1885 in Czernowitz/Bukowina (heute Ukraine, damals der Habsburgermonarchie zugehörig) geboren und am 21. September des gleichen Jahres katholisch getauft. Er entstammte einer bekannten jüdischen Wissenschaftlerfamilie, aus der überwiegend Mediziner hervorgingen, u.a. sein Großvater Emanuel Pribram (1812-1872, Arzt in Prag), sein Onkel Alfred Pribram (1841-1912, Professor für Innere Medizin und Pathologie in Prag) und sein Cousin Hugo Pribram (1881-1943, Professor für Innere Medizin in Prag, der 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet wurde).
Die Eltern waren der Professor für Chemie, Richard Pribram (1847-1928) und dessen Ehefrau Ida, geborene Winterstein (1862-?). Egon Pribram hatte noch einen Bruder, den 1887 geborenen Bruno Oskar, der ebenfalls Mediziner war und bis 1933 als Professor für Chirurgie an der Universität in Berlin lehrte. Er konnte 1938 nach Großbritannien und später in die Vereinigten Staaten emigrieren.
Am 26. Juli 1922 heiratete Egon Pribram in Gießen die am 3. März 1897 in Wiesbaden geborene Margarete Rau, die ebenfalls einer jüdischen Familie entstammte. Das Ehepaar bekam in Gießen zwei Töchter (Vera, geboren am 3. August 1925, und Doris, geboren am 16. April 1927). Die Ehe wurde im Februar 1933 geschieden. Ein enger Kontakt zwischen Egon Pribram und seiner geschiedenen Frau blieb aber auch nach der Scheidung bestehen. Es ist davon auszugehen, dass sie später nochmals heirateten, da Margarete nach dem Tod Egon Pribrams eine Witwenrente beantragte. In den vorliegenden Unterlagen der Entschädigungsbehörde wird sie auch als "Ehefrau", "Witwe" und "Alleinerbin" bezeichnet.
Sie emigrierte mit den Töchtern im Februar 1946 in die USA. Margarete Pribram war ebenfalls Medizinerin. Das Frankfurter Adressbuch von 1935 weist sie als "Dr. med" unter der Adresse Beethovenstr. 15 aus. Ob sie später weiterhin als Ärztin arbeitete ist unklar.

Egon Pribram besuchte ab 1895 das Deutsche Staatsgymnasium in Prag, an dem er 1903 seine Maturitätsprüfung (Reifeprüfung) ablegte. In diesem Zeitraum (1893-1901) war übrigens auch Franz Kafka Schüler dieses Gymnasiums. Nach seiner Reifeprüfung begann Egon Pribram das Studium der Medizin an den Universitäten Prag, Wien, München und Leipzig, das er im Jahre 1909 mit der Promotion abschloss. Bereits drei Jahre zuvor veröffentlichte er in der "Zeitschrift für physiologische Chemie" seinen ersten Fachartikel. Er spezialisierte sich später auf Frauenheilkunde, ließ sich aber zuvor mehrere Jahre an den Chirurgischen Universitätskliniken in Wien (1910-1913) und Leipzig (1913-1920) im Fach Chirurgie weiterbilden. Seine Ausbildung in Leipzig wurde allerdings lange unterbrochen, da er nahezu über die gesamte Dauer des Ersten Weltkriegs als Chefarzt der III. Mobilen Chirurgengruppe der Wiener Chirurgischen Klinik in Kampfgebieten "im Osten" tätig war. Die Hauptaufgabe dieser Gruppe war, schwerverletzte Patienten mit Kopf- und Bauchschüssen frühzeitig zu operieren und zu versorgen. Dies geschah oft unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen. Im März 1918 wurde er aufgrund eines Unfalls selbst schwer verwundet, konnte aber kurz vor Kriegsende seine Tätigkeit in der Chirurgengruppe noch einmal aufnehmen.
Egon Pribram ging 1920 als Assistent an die Universitäts-Frauenklinik nach Gießen, erhielt dort am 10. Januar 1923 die Lehrbefugnis und wurde am 15. Dezember 1927 zum außerordentlichen Professor ernannt. Seine Habilitationsschrift, die er im Jahr 1923 an der Universität Gießen abschloss, beschäftigte sich mit der "Frage des Cholesterinstoffwechsels während der Schwangerschaft und im Wochenbett". Von 1923 bis 1933 hielt er an der Gießener Universität Vorlesungen in den Fächern Gynäkologie und Geburtshilfe. Neben der Grundlagenforschung beschäftigte er sich intensiv mit der Onkologie (Krebserkrankungen). Ab dem 1. Februar 1929 war Egon Pribram am Frankfurter Bethanien-Krankenhaus als Chefarzt der dortigen Frauenklinik tätig. Er wohnte mit seiner Familie damals in der Bockenheimer Anlage 1a im Frankfurter Westend. Unter gleicher Adresse praktizierte Egon Pribram auch in einer eigenen Facharztpraxis für Gynäkologie.
Den Vorlesungsverzeichnissen der Gießener Universität kann man entnehmen, dass er dort auch nach seinem Umzug nach Frankfurt weiterhin als außerplanmäßiger Professor geführt wurde und bis zu seiner Entlassung aus dem Universitätsdienst einmal wöchentlich Seminare und Vorlesungen abhielt ("Geburtshilfliches Seminar" und "Ausgewählte Kapitel aus der Physiologie und Pathologie der Frau").
Nach Erlass des sogenannten "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 wurde Egon Pribram am 20. Juli 1933 aus der medizinischen Fakultät der Gießener Universität entlassen. Sein Name wurde umgehend aus dem Vorlesungsverzeichnis der Universität gestrichen. Obwohl Egon Pribrams Eltern ihn katholisch taufen ließen, galt er im damaligen Sprachgebrauch als sogenannter "nichtarischer Christ" bzw. "nichtarischer Katholik". Entsprechend der NS-Rassenideologie wurden diese Personen von den Nationalsozialisten als Juden verfolgt. Alle ausgrenzenden und schikanösen Maßnahmen trafen sie deshalb im gleichen Umfang wie Juden.
Egon Pribram wurde am 11. Oktober 1937 in Frankfurt am Main wegen des angeblichen Verdachts der Urkundenfälschung und des Vergehens gegen Passvorschriften und gegen das Titelgesetz festgenommen. Am 8. Februar 1938 wurde er vom Schöffengericht Frankfurt, unter Anrechnung der Zeit in Untersuchungshaft, zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Strafe verbüßte er bis zu seiner Entlassung am 9. Juli 1938 in Frankfurt-Höchst. Kurz darauf, am 30. Juli 1938, wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, aus dem er am 22. April 1939 mit der Auflage entlassen wurde, Deutschland binnen drei Tage zu verlassen.
In einer an die Entschädigungsstelle in Wiesbaden gerichteten eidesstattlichen Erklärung aus dem Jahr 1954 schrieb Egon Pribram, dass ihm ein Betrag in Höhe von 5.000 Reichsmark nach Buchenwald überwiesen wurde. Diese Summe erhielt er, da zwischenzeitlich seine gesamte Wohnungs- und Praxiseinrichtung zu Schleuderpreisen versteigert wurde. Das Geld wurde ihm aber bei seiner Entlassung "von der SS unter Drohungen abgenommen", wie er später berichtete. Einen adäquaten Gegenwert für die verschleuderten Gegenstände hat er daher nie erhalten.
Am 25. April 1939 floh Egon Pribram von Hamburg aus nach Shanghai, wo er sofort begann, wieder als Arzt mit eigener Praxis zu arbeiten. Dies gelang ihm jedoch nur mit finanzieller Unterstützung amerikanischer Freunde und eines am Ort ansässigen Arztes. Über seine Zeit in Shanghai schrieb er später:
"Vollkommen mittellos kam ich nach Shanghai und musste meinen Lebensunterhalt zunächst notdürftig mit von Bekannten geliehenem Geld bestreiten. Allmählich habe ich mir dann mit einer neu aufgebauten Praxis so viel verdient, dass ich einen Teil meiner Schulden abzahlen konnte. Da musste ich wieder, diesmal vor den chinesischen Kommunisten, nach Amerika fliehen und habe wieder alles verloren, was ich dort aufgebaut hatte. Neuerlich war ich auf fremde Hilfe angewiesen und muss jetzt trotz meines Alters noch hart arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten."
Egon Pribram flüchtete, abermals unter Zurücklassung seiner Wohnungseinrichtung und seiner Praxis, am 8. Dezember 1948 in die USA. Dort durfte er zunächst seinem Arztberuf nicht nachgehen, weil er nach US-amerikanischen Gesetzen nicht "ordnungsmäßig" eingewandert war. Erst im Februar 1950 konnte er alle Formalitäten erfüllen, sodass er für einen Tag nach Kanada reiste um von dort gesetzeskonform einzuwandern. Um eine Praxis in Cleveland/Ohio, wo Egon Pribram inzwischen lebte, eröffnen zu können, musste er noch eine Reihe von Prüfungen absolvieren. Sein Zulassungsexamen für den Bundesstaat Ohio legte er schließlich im Januar 1952 ab. Zwei Monate später konnte er endlich sein lange unterbrochenes Berufsleben als Mediziner fortsetzen. Da er zunächst ohne finanzielle Mittel war, nahm ihn ein ihm bekannter Arzt in seine Praxis auf, die er im März 1954 wieder verließ um kurz darauf, im Alter von 69 Jahren, eine eigene Praxis in Cleveland/Ohio zu eröffnen.
Zwei Jahre vor seinem Tod reiste er nochmal nach Europa, wobei unklar ist, ob er dabei auch Deutschland besuchte. Über den weiteren Lebensweg seiner Töchter ist uns ebenfalls nichts bekannt. Egon Pribram starb am 30. Juli 1963 in Cleveland, Ohio, seine Frau Margarete am 4. Dezember 1980. Beider Ruhestätte befindet sich auf dem "Calvary Cemetery" in Cleveland.

Das Mitteilungsblatt der Sektion Frankfurt führte Egon Pribram in seiner Ausgabe vom März 1937 unter den Neu-Anmeldungen auf (seit April 1932 wurde nicht mehr zwischen "Neu-Anmeldungen" und "Neu-Aufnahmen" unterschieden). Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, ob er tatsächlich "Vollmitglied" wurde, denn seine Aufnahme hätte nach der im Februar 1934 verabschiedeten Satzung nicht vollzogen werden dürfen, galt er laut der nationalsozialistischen "Rassegesetze" wegen seiner jüdischen Eltern doch als Jude. Da half auch seine katholische Taufe nicht. Es ist zu vermuten, dass sich Pribram in seinem Aufnahmeantrag als katholisch bezeichnete und die jüdischen Eltern verschwiegen hat.
Über alpinistische Aktivitäten Egon Pribrams innerhalb der Frankfurter Sektion des Alpenvereins ist uns nichts bekannt. Wir konnten zudem bisher nicht ermitteln, ob Egon Pribram vor 1937 entweder der Sektion Gießen oder der Sektion Oberhessen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins angehört hat, weil uns keine Mitgliederverzeichnisse dieser Sektionen vorliegen. Überliefert ist zumindest, dass Pribram sich gern in der Schweiz aufhielt, sodass er zumindest dort bergsteigerisch unterwegs gewesen sein konnte.
Quellenangaben
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 518, Nr. 595 und 26583
Adressbücher der Stadt Frankfurt am Main 1930-1938
Vorlesungsverzeichnisse der Universität Gießen 1923-1933
Dross F., Frobenius W., Thum A., "Wir können ihr Geschick nicht wenden", Gedenkbuch der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie, Hentrich & Hentrich, Seiten 190-192