Jean Braumann wurde am 23.4.1908 als Sohn von Johann Heinrich Braumann, geb. 1864, und Anna Christina Braumann (geb. Eisenhuth) in Frankfurt am Main geboren. Die Eltern hatten 1897 geheiratet. Über Jeans Ausbildung ist uns derzeit nichts bekannt.
Im Oktober 1937 heiratete er in Frankfurt Maria Margarete geb. Bader (26. Juli 1912), wahrscheinlich die Tochter des Konditors Hans Bader. Die Braumanns wohnten nach unseren Informationen in der Saalburgstraße 2 in Frankfurt-Bornheim. Nachdem Jean Braumann 1939 eingezogen wurde, lebte Margarete Braumann dort weiterhin.
Zur Biographie von Jean Braumann außerhalb der Frankfurter Alpenvereins-Sektion liegen uns kaum Informationen vor. Wir können im Wesentlichen nur auf Aussagen seiner Ehefrau Margarete Braumann im posthumen Entnazifizierungsverfahren nach 1945 zurückgreifen. Nur teilweise konnten wir diese Angaben anhand weiterer Quellen gegenprüfen.
Das Verfahren zu Jean Braumann basierte auf Artikel 37 des "Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus" von 1946, wonach im Fall des Todes des zu Überprüfenden "auf Anordnung des Ministers für politische Befreiung ein Verfahren zur ganzen oder teilweisen Einziehung des im Lande gelegenen Nachlasses ohne Rücksicht auf gesetzliche Erbfolge oder letztwillige Verfügungen durchgeführt werden (kann). Das Verfahren soll nur angeordnet werden, wenn der Betroffene als Hauptschuldiger oder Belasteter im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist." Für seine Witwe hing also vom Ausgang des Verfahrens auch ihre wirtschaftliche Zukunft ab.
Im Meldebogen für das Verfahren ist als Berufsbezeichnung von Jean Braumann "Lederhändler" angegeben. Nach Angaben seiner Witwe war er nicht Mitglied der NSDAP oder einer NS-Organisation, habe aber als Oberscharführer von Mitte 1942 bis zum Tod im April 1945 der Waffen-SS angehört.
Informationen zu Braumanns Berufslaufbahn gab im Meldebogen Friedrich Arnold, langjähriger Kollege und Geschäftspartner von Jean Braumann. Demnach trat Braumann 1922 als Lehrling in die jüdische Lederwaren-Firma Marcus Blaut, Hanauer Landstraße 136, ein, in der Arnold zu der Zeit schon arbeitete. Beide seien dort bis Anfang 1939 angestellt gewesen, dann habe man gemeinsam die Firma Arnold & Braumann gegründet. Allerdings habe die Zusammenarbeit nur bis August 1939 gedauert, weil Jean Braumann 1939 zu einer Polizeiformation eingezogen worden sei. Arnold gab weiter an, dass seine Firma 1943 geschlossen wurde "und alle Angestellten und Arbeiter eingezogen oder dienstverpflichtet, weil dieselbe nicht nazistisch tätig war."
Ähnliche Angaben zu ihrem Mann machte Margarete Braumann im Meldebogen: Er sei ab 1922 Lagerist bei der Firma Marcus Blaut, Hanauer Landstraße 136, gewesen, die später in Leder AG umbenannt worden sei. Die gemeinsame Firma mit Arnold befand sich demnach in der Lange Straße 18.
Im Frankfurter Telefonbuch findet sich 1937 für die Hanauer Landstraße 136 der Eintrag "Blaut, M., Lederfbr., Leder-Aktiengesellschaft". 1938 ist dann von "Leder AG" die Rede. Nach unseren bisherigen Informationen wurde die Firma Marcus Blaut OHG wahrscheinlich Ende der 30er Jahre arisiert. Die damaligen Gesellschafter Arthur und Julius Blaut, vermutlich Söhne des Firmengründers Marcus Blaut, emigrierten wahrscheinlich 1938/39 zunächst nach Großbritannien. Dann migrierten sie offenbar, möglicherweise mit Zwischenstationen in Lateinamerika, offenbar in die USA. Wir sind dabei, hierzu und zu etwaigen Verbindungen zwischen der Arisierung des Unternehmens Marcus Blaut und der Firmengründung von Jean Braumann noch genauere Informationen zu finden.
Im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens ihres Mannes füllte Margarete Braumann auch einen eigenen Meldebogen aus. Laut ihren Angaben war sie "durch Alpenverein" Mitglied im NS-Reichsbund für Leibesübungen, ferner in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Inwieweit sie sich dort ehrenamtlich engagierte, wissen wir nicht.
Margarete Braumann arbeitete demnach Anfang der 30er Jahre als Gewerbegehilfin in der Konditorei ihres Vaters Hans Bader. Nach der Hochzeit gab sie offenbar die Berufstätigkeit auf, nahm sie 1945 aber wieder auf.
Der im Krieg gestorbene Jean Braumann wurde schließlich nach Abschluss des Prüfverfahrens zur Entnazifizierung vollständig entlastet: Im Februar 1948 entschied der zuständige Hessische Minister für politische Befreiung, es werde kein Verfahren nach Artikel 37 des Befreiungsgesetzes durchgeführt.
Jean Braumann wird erstmals Ende 1930 in den Nachrichtenblättern erwähnt: in einer Ankündigung einer von ihm geführten Wanderung der Jungmannschaft im Februar. Die Jungmannschaft war damals noch eine neue Einheit in der Sektion, sie wurde erst 1929/30 gegründet. In der Folgezeit engagierte Braumann sich hier immer wieder, führte mehrmals Wanderungen und Kletterfahrten und hielt auch einige Vorträge.
Sein Engagement nahm ab 1933 deutlich zu. Nach der offenbar turbulent verlaufenen außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juli, bei der die Führung neugewählt und die Vereinsstruktur den Vorgaben des NS-Regimes angepasst wurde, wurde Jean Braumann Leiter der Jungmannschaft – und, wie es einige Monate später hieß, auch Leiter der Jugendgruppe. Der bisherige Leiter Walter Baecker sei "versetzt" worden.
Die Umstrukturierung ordnete im Spätsommer 1933 Ernst Wildberger an, NSDAP- und SA-Mitglied, der sich nach der außerordentlichen Versammlung zum Sektionsführer erklärt hatte. Sie könnte damit zusammenhängen, dass sich bereits die Eingliederung der Vereinsjugend in die Hitlerjugend abzeichnete. So hieß es im Nachrichtenblatt 7/1933, man müssen nun abwarten, bis das Verhältnis zur Hitler-Jugend geklärt sei und weitere Richtlinien des "Führers reichsdeutscher Sektionen" vorlägen.
Dass Braumann gleich 1933 ein Leitungsamt bekam, legt nahe, dass er schon zu dem Zeitpunkt als verlässlich im Sinne des neuen Regimes galt. Bemerkenswert ist aber, dass sich erst im Nachrichtenblatt vom Februar 1934 ein Eintrag über die Neu-Anmeldung Braumanns als Sektionsmitglied findet. Die Gründe dafür kennen wir derzeit nicht – wir können nur vermuten, dass seine fehlende Mitgliedschaft bis dahin nicht aufgefallen war, jetzt aber, da er eine wichtige Funktion hatte, korrigiert werden musste.
Bereits im März 1934 meldete das Nachrichtenblatt, der neue Sektionsführer Rudolf Seng, gewählt im Februar, habe Braumann zum Beiratsmitglied für Jugend und Jungmannschaft ernannt. Damit war der 25-Jährige Mitglied des höchsten Gremiums der Sektion, das nach der neuen, NS-konformen Satzung vom Sektionsführer ernannt, nicht mehr gewählt wurde.
Bei Braumanns Engagement als Gruppenleiter fällt 1934 die schon militaristische Wortwahl auf. Im Februar lud die Jungmannschaft demnach zu drei Schießabenden ein, es gibt Nachtmärsche, die als "Wehrsport-Übung" oder "Marschübung" bezeichnet werden. "Die Beteiligung an diesen Wehrsport-Übungen muss besser werden", heißt es in einem Bericht, der mit "Br." gezeichnet ist. Das Kürzel könnte für den Autor Braumann stehen.
Im Mai-Nachrichtenblatt des Jahres 1934 wird zugleich angedeutet, dass die Teilnehmerzahlen in der Jungmannschaft offenbar nachließen. Wörtlich heißt es, dass sich "besonders in der Jungmannschaft" die "aktive Teilnahme vieler Mitglieder in SS, SA und Stahlhelm bemerkbar" machte. Trotzdem habe es viele Veranstaltungen gegeben, die "bergsteigerische Begeisterung" sei groß. 1936 war dann wieder von einem Wachstum der Jungmannschaft die Rede, ebenso wie in der Jugend.
1937 bekam Braumann noch ein weiteres Amt: Er wurde stellvertretender Hüttenwart für das Vereinsheim Oberreifenberg, das die Sektion seit 1935 von der NS-Organisation "Deutsche Arbeitsfront" gepachtet hatte. Die Vorbesitzer, der Verein "Jugendheim der christlichen Gewerkschaften" waren von den Nazis enteignet worden.
In der Folgezeit machten sich die Kriegsvorbereitungen NS-Deutschlands immer mehr bemerkbar. Wegen zunehmender Wehrdienst- und Arbeitsdienstverpflichtungen der jungen Mitglieder nahmen die Teilnehmerzahlen an Wanderungen, Kletter- und Skifahrten ab. Vermerkt sind aber dennoch auch 1939 noch von Braumann geführte Touren: An Ostern eine Osterwanderung der Jungmannschaft, im Mai eine Radtour, gemeinsam organisiert von "Gretel und Jonny Braumann", wie es im Nachrichtenblatt hieß. Damit dürften er und seine Frau Margarete gemeint gewesen sein.
Im August 1939 kündigte Braumann für Oktober eine Rheinwanderung an. Sie fiel aber dem Kriegsbeginn zum Opfer: Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 wurden alle Sektionsveranstaltungen bis auf Weiteres abgesagt – verbunden mit dem Appell im Nachrichtenblatt, per Feldpost bitte Kontakt zu den eingezogenen Sektionsmitgliedern zu halten.
Auch Braumann wurde eingezogen, wie fast die ganze Jungmannschaft. Im Dezember-Nachrichtenblatt 1939 taucht sein Name in der Liste der "Soldaten, die im Felde stehen" auf: "Soldat Braumann, SS-Polizeidivision, 14. Pol.-Regiment 1, Zielenzig (Neumark)".
Die Recherche läuft - hier wird bald mehr zu lesen sein!
Quellen und Literatur
Adressbücher der Stadt Frankfurt
Arolsen Archives
Ancestry.de
Hessisches Hauptstaatsarchiv: HHStAW Abt. 520/11, Nr. 38596
Nachrichtenblätter der Sektion Frankfurt am Main, 30er Jahre
Sterbeurkunde von Jean Braumann, ancestry.de, abgerufen 19.10.2025
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