
Friedrich Karl Dalsheim wurde am 25. Oktober 1895 als Sohn des 1875 in Worms geborenen Leo Dalsheim und der 1866 in Weilbach (Odenwald) geborenen Bertha Stein in Frankfurt am Main geboren. Er hatte zwei Schwestern: Else (auch Elisabeth), verheiratete Rosenbaum, und Franziska, verheiratete Friesem. Die Familie wohnte in der Kronberger Straße 36 im Frankfurter Westend, unweit der Westend-Synagoge. Sein Vater betrieb bis 1928 eine Kurz- und Galanteriewarenhandlung. Diese wurde im Frankfurter Adressbuch von 1914 als Geschäft für Spezielle Lederwaren, Kurz-, Galanterie- und Spielwaren, Puppen-Neuheiten en gros in der Niddastraße 56 bezeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg vermerkte das Adressbuch die Firma wie folgt: Leo Dalsheim, gegründet 1885, Lederwaren und Galanteriewaren Großhandlung und Ausfuhr, Niddastraße 56, Inhaber Leo Dalsheim, Prokurist Julius Rosenbaum. Sie ist also am selben Ort geblieben, hat aber ihr Angebot verändert.
Beide Eltern waren jüdisch und Mitglied der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main. Die Heirat der Schwester Franziska mit Karl Friesem wurde daher im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main im Februar 1925 genauso angezeigt wie der Tod des Vaters Leo Dalsheim im September 1930. Dies zeigt die Verbundenheit der Familie mit der Jüdischen Gemeinde während der Weimarer Republik.
Friedrich Dalsheim ging auf das Philantropin, also die wichtigste jüdische Schule Frankfurts, und erwarb das Abitur laut Anmeldekarte der Universität Frankfurt am Main vom 2. November 1914 am Wöhler-Realgymnasium. Im Ersten Weltkrieg diente er dreieinhalb Jahre als Soldat, u.a. im Infanterie-Regiment 399 und war während dieser Zeit vom Studium beurlaubt. Sein Abgangszeugnis der Universität Frankfurt vom 1. Mai 1917 wurde ihm an das Ersatz-Bataillon, 7. Garde-Infanterie-Regiment, 4. Genesungskompanie Berlin-Neukölln gesandt. Hierdurch ist belegt, dass er während des Weltkriegs verwundet worden ist und daher einer Genesung bedurfte. Dalsheim wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.
Im August 1930 heiratete Friedrich Dalsheim die 1903 geborene Lotte Julie Adele Gewiese, Tochter des evangelischen Juristen und Landrats von Pleschen (Provinz Posen) Dr. Georg Wilhelm Eduard Gewiese (1868-1917) und der Antonie Maria Christine Meta Rospatt (1878-1977).

Friedrich Dalsheim erhielt das Reifezeugnis des Wöhler-Realgymnasiums Frankfurt am Main am 17. Februar 1914. Er begann daraufhin an der Universität Heidelberg ein Jura-Studium, wechselte aber bereits zum November 1914 an die Universität Frankfurt, um dort dieses Studium fortzusetzen. Im Wintersemester 1914/15 hörte er zum Beispiel Strafrecht bei dem jüdischen Professor Berthold Freudenthal (Breslau 1872-1929 Frankfurt am Main), Rechtsphilosophie bei dem jüdischen Honorarprofessor Franz Haymann, der 1938 nach England emigrieren konnte, aber auch "Projektive Geometrie" bei dem Mathematiker Professor Arthur Schoenflies (Landsberg an der Warthe 1853-1928 Frankfurt am Main), der seit 1912 Mitglied der Frankfurter Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins war, sowie "Nationalstaat und Imperialismus" bei dem Historiker Professor Georg Küntzel (Schroda/Provinz Posen 1870-1945 Frankfurt am Main). Nach dem Ersten Weltkrieg studierte Friedrich Dalsheim ein Semester an der Universität Berlin und zuletzt wieder an der Universität Frankfurt am Main, wo er im Mai 1919 die erste juristische Prüfung ablegte und danach als Referendar im Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt am Main tätig war, zuletzt am Amtsgericht Frankfurt am Main.
Im Juli 1921 beantragte er die Zulassung zur Promotion an der Universität Frankfurt am Main und wurde dort mit einer Arbeit über "Das Berufsgeheimnis der privaten Banken und die neueste Finanzgesetzgebung" zum Dr. jur. promoviert. Im Gutachten von Professor Friedrich Klausing vom 14. Juli 1921 zu dieser Promotion heißt es: "Die Arbeit ist im ganzen recht gewandt geschrieben, hält sich aber von phrasenhaften Wendungen und gelegentlichen banalen Ausführungen nicht ganz frei. Sie ist offensichtlich mit grossem Fleisse angefertigt. Juristisch zeigt der Verfasser z.T. erheblich über dem Durchschnitt stehende Fähigkeiten."
Klausing entwickelte sich Anfang der 1930er Jahre zum glühenden Nationalsozialisten und organisierte bereits am 1. April 1933 Demonstrationen vor Häusern jüdischer Kollegen und des missliebigen Kurators der Universität Frankfurt am Main Kurt Riezler, der mit Katharina Liebermann, Tochter des jüdischen Malers Max Liebermann verheiratet war.
Der Zweitgutachter von Friedrich Dalsheims Dissertation Professor Friedrich Giese kam am 20. Juli 1914 zu folgendem Ergebnis: "Die Arbeit stellt ohne Zweifel eine über dem Durchschnitt stehende, vollkommen ausreichende Leistung dar, die dem Verf[asser] die besten Anwartschaften auf das Prädikat "gut" eröffnen dürfte."
Die mündliche Prüfung legte Dalsheim am 29. Juli 1921 ab und erhielt die Gesamtnote gut. Er wechselte später nach Berlin und war dort für die Bank der IG Farben AG namens Länderbank tätig. Er wohnte in der Budapester Straße 8 in Berlin-Tiergarten. Im Jahr 1926 wurde Friedrich Dalsheim Mitglied des International Institute of African Languages and Cultures. Zwei Jahre darauf ist er neben Erich Morawsky Geschäftsführer der Terra-Film AG und saß neben Morawsky, Walter Strehle und Karl Wolffsohn im Aufsichtsrat der Filmhaus Bruckmann AG. Danach wurde Friedrich Dalsheim im Filmbereich selbst aktiv. Er erlernte bei Emil Schünemann und Alexander von Lagorio die Arbeit als Kameramann. Bereits 1929 ging er mit der Ethnologin Gulla Pfeffer (1897-1967) nach Afrika, um dort einen Film über einen Kleinbauern des Volkes der Ewe zu drehen. Dalsheim war Kameramann, Regisseur und Produzent des Films. Dieser wurde 1930 unter dem Titel "Menschen im Busch" erstmals gezeigt.
1931 ging er nach Bali, damals Niederländisch-Indien, um einen weiteren Film zu produzieren. Dessen Premiere in Berlin fand erst im Februar 1933 statt. Doch bereits kurze Zeit später erhielt Friedrich Dalsheim als Jude im Deutschen Reich Berufsverbot.

Das Mitgliederverzeichnis der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins aus dem Jahr 1925 verzeichnet Friedrich Dalsheim ohne Eintrittsjahr mit der Adresse "Berlin, N.W. 7". Da er vor dem Ersten Weltkrieg nicht Mitglied der Frankfurter Sektion gewesen ist, dürfte er erst 1925 der Sektion beigetreten sein – obwohl er zu dieser Zeit bereits in Berlin lebte, muss er sich mit Frankfurt verbunden gefühlt haben. Mangels Quellen können wir aber nicht sagen, in welcher Weise er am Leben der Frankfurter Sektion teilgenommen hat. In den Mitgliederverzeichnissen der Sektion Berlin aus den Jahren 1929 bis 1932 ist Friedrich Dalsheim nicht aufgeführt. Er scheint also später nicht in die Berliner Sektion des Alpenvereins eingetreten zu sein.
Als Jude konnte Friedrich Dalsheim nach der im Februar 1934 erfolgten Verankerung des sogenannten "Arierparagrafen" in der Satzung der Sektion Frankfurt am Main dennoch Mitglied bleiben, da er aufgrund seines Kriegsdienstes als "Frontkämpfer" galt. Ob er 1933 aus der Sektion ausgetreten ist oder trotz seines Status aus ihr ausgeschlossen wurde, können wir zurzeit mangels Quellen nicht sagen.
Nach dem Berufsverbot 1933 ging Friedrich Dalsheim mit dem Polarforscher und Ethnologen Knud Rassmussen nach Grönland, wo ein weiterer Film entstand: Palos Bruderfaerd (Palos Brautfahrt). Hierbei handelt es sich um einen Dokumentarfilm mit Spielfilmhandlung, der auf den 2. Internationalen Filmfestspielen in Venedig Premiere hatte und als bester Reisedokumentarfilm ausgezeichnet wurde. 1935 ging Dalsheim nach Bali, um den ein Jahr später veröffentlichten Film "Die Kopfjäger von Borneo" zu drehen. Bei dessen Premiere im folgenden Jahr wurde er – anders als noch im Februar 1933 – als Jude nicht einmal mehr erwähnt.
Friedrich Dalsheim kehrte aus Bali nur kurz in das Deutsche Reich zurück und ging im Februar 1936 in die Schweiz. Dort lebte er zuerst in Sankt Moritz, wohin er von Lucie Dreyfus eingeladen worden war, und zog später nach Zürich, wo er im Kurhotel "Am Zürichberg" wohnte. Vermutlich aufgrund seiner ausweglos erscheinenden beruflichen und finanziellen Situation nahm sich Dr. Friedrich Dalsheim im August 1936 das Leben. Sein Tod in Zürich wurde im Oktober 1936 im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main bekannt gemacht. Dies belegt, dass er bis zuletzt Mitglied dieser Jüdischen Gemeinde gewesen ist. Seine ethnografische Sammlung aus Borneo ist von einer Berliner Bekannten im April 1937 dem damaligen Museum für Völkerkunde in München übergeben worden, wo sie sich noch heute befindet.
Seine jüngere Schwester Franziska Friesem, geb. Dalsheim, wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 1942 aus Frankfurt am Main deportiert. Das Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung nennt aber keinen Todesort bzw. kein Vernichtungslager, sodass wir nicht wissen, wo sie ermordet worden ist. Die ältere Schwester Else konnte mit ihrem Ehemann Julius Isidor Rosenbaum und den beiden Kindern Helga und Hans Harry in die USA auswandern. Else Rosenbaum starb dort 1982 im Alter von 91 Jahren, während ihr Ehemann bereits 1953 verstorben war.
Quellen und Literatur
Universitätsarchiv Frankfurt, UAF Abt. 116, Nr. 92 und Abt. 604, Nr. 4500
Podcast der Landesvertretung Schleswig-Holstein namens Alles, was Wissen schaft, Nr. 18: Gespräch mit Louise von Plessing zu Friedrich Dalsheim
Frankfurter Adressbücher, online abrufbar
Bericht der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins e.V. 1919-1924, online abrufbar
Friedrich Dalsheim: Das Berufsgeheimnis der privaten Banken und die neueste Finanzgesetzgebung. In: Auszüge aus den Doktor-Dissertationen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt a. Main, Heft 2, April bis Oktober 1921, S. 35-36.
Friedrich Dalsheim: Das Bankgeheimnis der privaten Bankinstitute und die neueste Finanzgesetzgebung. Berlin: Verlag F. Vahlen 1922.
Friedrich Dalsheim. Ethnographie – Film – Emigration. Hrsg. von Louise von Plessen. Berlin, Leipzig 2022.
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