Familie

Ludwig Schönthal wurde am 5. Juni 1899 in Frankfurt am Main als Sohn des Kaufmanns Simon Schönthal (1867-1951) und der Jenny Schönthal, geb. Rothenberger (1876-1968), geboren. Seine jüdischen Eltern hatten im September 1898 in Gießen, der Geburtsstadt von Jenny Rothenberger, geheiratet. Ludwig hatte einen zwei Jahre jüngeren Bruder namens Max, der später nach Großbritannien auswanderte. Die Familie Schönthal lebte 1901 in der Großen Seestraße 29 (Bockenheim), später in der Jordan-Straße 74 und laut der Frankfurter Adressbücher von 1917 bis in die 1930er Jahre in der Adalbertstraße 26 (ebenfalls in Bockenheim).

Ludwig Schönthal wurde Ostern 1905 im Philanthropin, der wichtigsten jüdischen Schule Frankfurts, eingeschult. Später ging er auf die Liebig-Oberrealschule und erwarb dort im Februar 1917 die Hochschulreife.

Beruflicher Werdegang
Eintrag von Dr. med. Ludwig Schönthal im Amtlichen Frankfurter Adressbuch von 1928, S. 561 (Auszug).

Nach dem Abschluss der Schullaufbahn begann Ludwig Schönthal im April 1917 mit nur 17 Jahren das Studium der Medizin an der Universität Frankfurt am Main. Allerdings wurde er bereits am 14. Juni 1917, also kurz nach seinem 18. Geburtstag, zum 2. Nassauischen Feld-Artillerie-Regiment 63 eingezogen. Ab dieser Zeit galt er an der Universität als beurlaubt. Über seinen Kriegsdienst schreibt er in seinem Lebenslauf zur Dissertation:

"Im März 1918 kam ich an die Front, zunächst nach Rußland, dann nach Frankreich, wo ich am 16.9.18 mit einer Gasvergiftung in französische Gefangenschaft geriet, aus der ich erst am 1. Februar 1920 zurückkehrte."

Danach ging er an die Universität in Freiburg i.Br., studierte weiter Medizin und machte dort im Juli 1920 sein Physikum. Im Wintersemester 1920/21 studierter er wieder in Frankfurt, dann im Sommersemester 1921 in München und anschließend bis zu seinem Examen im April 1923 erneut in seiner Geburtsstadt. In Frankfurt wohnte er jeweils bei seinen Eltern in der Adalbertstraße 26.

Am 14. April 1923 legte Ludwig Schönthal vor der Frankfurter Ärztlichen Prüfungskommission seine Prüfung ab (ärztliches Staatsexamen). Bereits am 15. Mai 1923 folgte die Doktorprüfung, die er mit der Gesamtnote gut abschloss. Seine Prüfer waren die Professoren Julius Strasburger (1871-1934), Gustav Embden (1874-1933) und Bernhard Fischer (1877-1941). Ein Auszug der Inaugural-Dissertation mit dem Titel "Die Fettresorption im Darm" erschien im Jahr 1924 auf Seite 47 in "Frankfurter medizinische Dissertationen in Auszügen", Band 5. In seinem Gutachten zur Dissertation schreibt Prof. Dr. Fischer:

"Die Arbeit ist mit grossem Fleisse und gutem Verständnis angefertigt worden, auch die Literatur ist mit Fleiss und Kritik verwendet. Wenn das Ergebnis der Arbeit auch nicht soweit gediehen ist[,] als erhofft wurde, so sind die Resultate doch so wertvoll, dass auch in Anbetracht der grossen aufgewandten Mühe mir die Note  g u t  gerechtfertigt erscheint."

Im Anschluss an die Doktorprüfung folgte ein praktisches Jahr, doch wissen wir zurzeit nicht, wo er dies absolvierte. Von 1928 bis 1930 findet er sich im Frankfurter Adressbuch als Kinderarzt unter der Anschrift seiner Eltern (Adalbertstraße 26) verzeichnet. Da er jedoch im Februar 1930 im Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins mit Aufenthaltsort New York vermerkt wurde, dürfte er 1930 nicht mehr in Frankfurt praktiziert haben, sondern vermutlich in New York City (USA). Eventuell war Dr. Ludwig Schönthal bereits vor 1928 in den USA tätig gewesen. Zumindest bedankte sich Alexis F. Hartmann in seinem Artikel über "Chemical Changes Occurring in the Body as the Result of Certain Diseases" im American Journal of Diseases of Children, Band 35 (April 1928), Number 4, für die Hilfe von Dr. Ludwig Schönthal.

Rolle in der Sektion
Spenden der Brüder Ludwig und Max Schönthal für den Neubau der Rauhekopfhütte im Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Nr. 2 vom Februar 1930, S. 23 (Ausschnitt).

Ludwig Schönthal ist der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins wie sein Bruder Max Schönthal im Jahr 1922 beigetreten. Er spendete genauso wie sein Bruder Max laut Heft 2 vom Februar 1930 des Nachrichten-Blattes der Frankfurter Sektion 3 RM für den Neubau der Rauhekopfhütte. Allerdings vermerkt das Nachrichten-Blatt, dass Ludwig damals in New York (USA) gelebt hat. Über weitere Aktivitäten in der Sektion liegen uns zurzeit keine Kenntnisse vor.

Ob Dr. Ludwig Schönthal als Jude nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 aus der Sektion ausgetreten ist, können wir zurzeit nicht sagen, weil uns entsprechende Quellen fehlen. Als ehemaliger Frontkämpfer wäre er von der Einführung des sogenannten "Arierparagrafen" aber nicht betroffen gewesen, sodass ein Ausschluss durch die Frankfurter Sektion nicht wahrscheinlich ist.

Verfolgungsschicksal
Nachruf auf Dr. Ludwig Schönthal in Jewish Daily Bulletin, New York, vom 17. Juni 1934, S. 5 (Ausschnitt).

Wir wissen zurzeit nicht, wann Dr. Ludwig Schönthal dauerhaft aus dem Deutschen Reich ausgewandert ist. Er war zumindest 1930 in New York City. Dort ist er bereits im Juni 1934 im Alter von gerade einmal 35 Jahren an einer längeren Krankheit gestorben, wie das Jewish Daily Bulletin aus New York am 17. Juni 1934 berichtete. Ursache könnte die im Ersten Weltkrieg erlittene Gasvergiftung gewesen sein.

Sein Bruder Max Schönthal lebte während des Zweiten Weltkriegs und danach in London, wo er 1987 verstarb. Dort ist auch der Vater Simon Schönthal bereits im April 1951 verstorben. Er war vermutlich zu Beginn der NS-Diktatur aus Frankfurt emigriert. Im November 1941 wurde der Onkel Louis Schönthal aus Frankfurt nach Minsk deportiert und dort ermordet. Im selben Monat ist seine Tante Frieda Appel, geb. Schönthal, ebenfalls aus Frankfurt deportiert worden, allerdings nach Kaunas im deutsch besetzten Litauen. Sie wurde kurz nach der Ankunft in Kaunas von den Deutschen erschossen. Seine Tante Jenny Spanjer, geb. Schönthal, die vermutlich im Jahr 1939 in die Niederlande emigriert war, ist zusammen mit ihrem Ehemann Jacob Spanjer im Februar 1943 aus dem KZ Westerbork nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. Sein Cousin Albert (Peter) Spanjer tauchte 1942 in den Niederlanden unter, wurde aber im März 1945 verraten und von den Deutschen verhaftet. Er wurde in das KZ Westerbork verschleppt und erlebte dort im April 1945 die Befreiung.

Quellen und Literatur

Universitätsarchiv Frankfurt am Main, UAF Abt. 126, Nr. 697 und Abt. 604, Nr. 5813

Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1930, online abrufbar

Frankfurter Adressbücher, online abrufbar