Familie
Otto, Hans, Greta und Lili Aschaffenburg beim Schifahren, undatiert. Wir danken Lenore Parker, Enkelin von Otto Aschaffenburg, für die Erlaubnis zur Veröffentlichung dieses Fotos.

Otto Aschaffenburg wurde im Dezember 1878 in Frankfurt am Main als Sohn von Gustav Aschaffenburg (1843-?) und Anna Amalia Aschaffenburg, geb. Schönhof (1854-1930), geboren. Beider Eltern waren jüdisch. Er hatte zwei ältere Brüder namens Harry Alfred Aschaffenburg (1875-1939) und Juris Paul Siegfried Aschaffenburg (1877-1932) sowie eine ältere Schwester namens Alice Rosa, verheiratete Stockhausen (1876-1942). Im Jahr seiner Geburt wohnte die Familie in der Ostendstraße 25. Laut Mahlau's Frankfurter Adressbuch von 1897 war der Vater nicht nur Musiklehrer für Klavier an der 1860 gegründeten Frankfurter Musikschule, sondern auch Chordirigent an der Hauptsynagoge Frankfurts. Die Familie lebte damals in der Uhlandstraße 40. Im Jahr 1905 lebte die gesamte Familie im Oberweg 22. Der Vater wurde als Musiklehrer geführt, Otto und sein Bruder Harry jeweils als Kaufmann sowie der Bruder Paul als Gerichtsreferendar und Dr. jur.

Im August 1918 heiratete Otto Aschaffenburg die 1895 geborene Lili Dormitzer, Tochter von Louis Dormitzer und Sophie Dormitzer, geb. Kupfer, die beide im September 1942 aus Nürnberg nach Theresienstadt deportiert wurden. Lili Dormitzer war während des Ersten Weltkriegs in der Fürsorge für Kriegswaisen, als Krankenschwester und als Massagetherapeutin für Amputierte tätig. Für ihren freiwilligen Dienst wurde sie vom bayerischen König Ludwig III. mit dem Ludwigskreuz ausgezeichnet. Ihr 1897 geborener Bruder Max Dormitzer meldete sich mit 18 Jahren freiwillig zum Kriegsdienst. Er diente im 8. Feldartillerie-Regiment und wurde 1917 schwer verwundet. Noch kurz vor Kriegsende, am 1. Oktober 1918, ist er bei Chemin des Dames (Frankreich) gefallen.

1918 lebte die Familie von Otto Aschaffenburg in der Lichtensteinstraße 2, während sein Bruder Harry, nunmehr als Bankdirektor, in der Wolfsgangstraße 47a und seine verwitwete Mutter Anna Amalia Aschaffenburg als Privatiere in der Hammanstraße 6 (im Frankfurter Nordend) wohnten. Otto und Lili Aschaffenburg hatten zwei Kinder: den August 1919 geborenen Hans Wolfgang Aschaffenburg und die im Februar 1921 geborene Greta Aschaffenburg, später verheiratete Merchant. Nach der Geburt der beiden Kinder wohnte die Familie des zum Bankdirektor gewordenen Otto Aschaffenburg in der Guiollettstraße 57 im Frankfurter Westend. Im selben Stadtviertel wohnten seine Brüder Harry Aschaffenburg, ebenfalls Bankdirektor, und zwar in der Westendstraße 94, und Dr. Paul Aschaffenburg, damals Oberlandgerichtsrat, Im Trutz Frankfurt 40.

Nach der 1928 erfolgten Fusion des Frankfurter Bankhauses Lazard Speyer-Ellissen mit Sitz in der Taunus-Anlage 11 mit dem Berliner Bankhaus C. Schlesinger-Trier & Co. zog die Familie von Otto Aschaffenburg nach Berlin und wohnte anfangs in Berlin-Dahlem und ab den frühen 1930er Jahren in Berlin-Charlottenburg.

Beruflicher Werdegang
Amtliches Frankfurter Adressbuch 1928, S. 596 (Ausschnitt).

Otto Aschaffenburg ist im Jahr 1894 als Lehrling in das Bankhaus Lazard Speyer-Ellissen eingetreten. Laut der Frankfurter Adressbücher war er für dieses führende deutsch-jüdische Bankhaus in der Taunus-Anlage 11 bereits vor dem Ersten Weltkrieg als einzeln handlungsfähiger Prokurist tätig. 1920 ist er dann einer der Inhaber dieser Bank geworden. Im Jahr 1928 gab es neben ihm noch die Inhaber Kommerzienrat Eduard Beit von Speyer (1866-1933), Dr. Ernst Picard (1890-1936), Staatssekretär a.D. Carl Bergmann (1874-1935) und Ernst Kahn (1884-1959).

Das Bankhaus Lazard Speyer-Ellissen fusionierte 1928 mit der Berliner Bank C. Schlesinger-Trier & Co, doch geriet es, nunmehr unter dem Namen Lazard Speyer-Ellissen, Kommanditgesellschaft auf Aktien (KG a.A.), im Zuge der Weltwirtschaftskrise ab 1929 in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es wurde schließlich im Jahr 1934 aufgelöst. Otto Aschaffenburg blieb auch nach 1934 in Berlin und wohnte laut der Berliner Adressbücher von 1935 bis 1942 als Bankier in Charlottenburg in der Straße Am Rupenhorn 12-14. Solange es möglich war, arbeitete er als Liquidator seiner Bank weiter, vermutlich bis 1939.

Rolle in der Sektion
N.N.: Bericht über das Sektionsjahr 1936. In: Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Nr. 2 vom März 1937, S. 2 (Ausschnitt).

Otto Aschaffenburg trat der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins im Jahr 1911 bei. Er ist im Verzeichnis der Mitglieder der Sektion für das Jahr 1925 als einziges Familienmitglied aufgeführt. Otto Aschaffenburg scheint nach seinem Umzug nach Berlin nicht in die dortige Alpenvereinssektion eingetreten zu sein. Zumindest findet sich sein Name weder im Berliner Verzeichnis des Jahres 1929 noch in den Nachträgen von 1930 und 1931.

Auf der Jahreshauptversammlung im März 1936 wurde Otto Aschaffenburg für seine 25-jährige Mitgliedschaft im Alpenverein das Silberne Edelweiß verliehen. Hierüber berichtete das Nachrichten-Blatt der Frankfurter Sektion im März 1937 unter namentlicher Nennung von Otto Aschaffenburg. Übrigens wurde an dieser Stelle auch die Verleihung des Silbernen Edelweißes an Dr. Alfred Carlebach erwähnt. Da Otto Aschaffenburg bereits vor 1914 Mitglied der Sektion Frankfurt am Main gewesen ist, betraf ihn der 1934 in der Satzung verankerte sogenannte "Arierparagraf" nicht. Er konnte also in den ersten Jahren der NS-Diktatur Mitglied bleiben. Die Auszeichnung belegt zudem, dass Otto Aschaffenburg 1933 weder aus der der Sektion ausgetreten ist noch von ihr ausgeschlossen wurde.

Verfolgungsschicksal
Greta, Otto, Lili und Hans Aschaffenburg, Berlin 1934. Quelle: Lenore Parker.

Otto Aschaffenburg hatte 1940 einen Zusammenbruch, von dem er sich nicht mehr erholte. Er starb schließlich im Juli 1942 nach einer Operation im Jüdischen Hospital in Berlin. Seine Frau Lili Aschaffenburg musste ab Januar 1941 bei Siemens & Halske Zwangsarbeit leisten. Im Januar 1943 ist sie in Berlin untergetaucht, um sich der Deportation zu entziehen. Sie hat an verschiedenen Orten illegal gelebt, zuletzt am Bodensee. Eine Flucht in die neutrale Schweiz ist ihr jedoch nicht gelungen. Nach der Befreiung wanderte sie im Februar 1947 in die USA aus und starb in Needham (Norfolk, Massachusetts) im August 1991.

Der Sohn Hans Wolfgang Aschaffenburg ging 1936 aus Berlin in die Schweiz, wo er in der Nähe von Bex in einem englischen Internat seinen Schulabschluss machte. Im September 1938 wanderte er in die USA aus. Dort studierte er in Cambridge und kämpfte schließlich als Soldat in Italien gegen die Deutschen. Er starb im Mai 1979 in Boston. Die Tochter Greta Aschaffenburg ging 1939 noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Oxford in Großbritannien und wanderte 1948 nach New York City (USA) aus. Sie heiratete Robert Savage und hatte mit ihm zwei Töchter. Später ließen sich beide scheiden. Greta heiratete im Jahr 1962 John Merchant, mit dem sie eine weitere Tochter bekam. Greta Merchant starb im Jahr 2018 in Needham (Massachusetts).

Lili Aschaffenburgs Eltern wurden im September 1942 aus Nürnberg nach Theresienstadt deportiert. Ihre Mutter Sophie Dormitzer starb aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen in Theresienstadt schon kurz danach am 23. September 1942. Ihr Vater Louis Dormitzer lebte nur wenig länger, denn er verstarb am 26. Februar 1943 ebenfalls an den katastrophalen Lebensbedingungen in Theresienstadt.

Otto Aschaffenburgs Bruder Harry Alfred, Bankdirektor a.D. der Dresdner Bank, lebte bis zu seinem Tod im Oktober 1939 in Frankfurt am Main. Seine Schwester Alice Rosa Stockhausen verstarb im Oktober 1942 mit 66 Jahren in Hamburg. Sie war mit dem Christen Franz Joseph Emanuel Stockhausen verheiratet und daher nicht deportiert worden.

Quellen und Literatur

Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, online abrufbar

Frankfurter Adressbücher, online abrufbar

Lili Aschaffenburg: Autobiografie (unveröffentlicht, undatiert)

Nachruf auf Greta Merchant vom 10. August 2018, online abrufbar