Kurt Wilhelm Eisenberg wurde am 5. Juli 1898 als Sohn von Ferdinand Eisenberg (geb. 1860) und seiner Frau Bertha (geb. Backhaus) geboren. Drei Jahre später kam Kurts Schwester Ilse Eisenberg zur Welt, die später ebenfalls Mitglied der Frankfurter Sektion wurde. Sie, ihr Mann und die drei Kinder wurden 1944/45 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Die jüdische Familie Eisenberg lebte in Frankfurt in der Petersstraße 2. Kurt besuchte das Realgymnasium Musterschule und legte im Frühjahr 1917 das Abitur ab. Einem von ihm verfassten Lebenslauf zufolge schrieb er sich zum Sommersemester 1917 an der Uni Frankfurt ein, zunächst für Geschichte und Musik. Von Juni bis November 1918 musste er im Ersten Weltkrieg im Heer Kriegsdienst leisten. Nach der Rückkehr wechselte er zu Jura und bestand Ende 1921 das Referendarsexamen. Möglicherweise lernte Kurt im Studium auch Albert Moritz Schönflies kennen, den späteren Ehemann von Kurts Schwester Ilse. Schönflies studierte etwa um die gleiche Zeit Jura.
Ein interessantes Detail: In den Akten zu Eisenbergs Promotionszulassung findet sich inflationsbedingt 1923 ein Gebührenbescheid der Universität Frankfurt über - aus heutiger Sicht unfassbare - 20 Millionen Mark. Für seine Dissertation über "Das normative Tatbestandselement" brauchte er schließlich wegen Mängeln des ersten Textes zwei Anläufe, erhielt aber am Ende ein "Ausreichend" für die Überarbeitung und schaffte die mündliche Promotionsprüfung im Februar 1925 mit der Note "Ausgezeichnet". Während der Promotionszeit hatte er zeitweise seinen erkrankten Vater Ferdinand in dessen Anwaltspraxis vertreten müssen.
In den Folgejahren machte sich Kurt Eisenberg als Patentanwalt einen Namen, Anfang der 30er firmierte er als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er und sein Vater, der Rechtsanwalt und Notar war, hatten die gleiche Kanzleiadresse, zunächst Zeil 67, später Melemstraße 20.
Am 14. Juli 1930 heiratete Kurt Eisenberg in Frankfurt die 1909 geborene Martha Caroline Jeidel, Tochter von Bertram Jeidel und Bertha, geb. Stern. Uns liegen keine Informationen über Kinder der beiden vor.
Kurt Eisenberg trat 1921 in die Frankfurter Sektion des Alpenvereins ein, möglicherweise zusammen mit seiner Schwester Ilse, für die das gleiche Eintrittsjahr vermerkt ist. Wir haben bisher keine Hinweise auf die Aktivitäten von Kurt Eisenberg in der Sektion. Auch haben wir derzeit keine Informationen, ob er 1933 noch Mitglied war oder nicht. Wenn das der Fall war, hätte er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der Gleichschaltung des Vereins nach Satzungslage 1933/34 ausgeschlossen werden müssen, dürfte aber in jedem Fall im Verein auf ein zunehmend judenfeindliches Vereinsklima gestoßen sein.
Das NS-Regime ging sofort nach Machtantritt hart gegen jüdische Juristen vor. Mit dem Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft von Anfang April 1933 wurde jüdischen Anwälten die Zulassung entzogen – es sei denn sie waren schon vor 1914 zugelassen oder hatten als "Frontkämpfer" im Ersten Weltkrieg gekämpft. Auch Kurt Eisenberg war betroffen, rang aber verzweifelt um eine Ausnahmeregelung. Mit Datum vom 8. April 1933 schrieb er an den Justizminister des Reiches und bat um seine Wiederzulassung als Anwalt. In dem Schreiben versicherte er "absolute Loyalität gegenüber der Regierung der nationalen Erhebung" und betonte, er habe vor allem Klienten gehabt, die wohl jetzt "mit Recht als Träger der nationalen Erhebung angesprochen werden können". Zudem verwies er darauf, dass er mit seinem Vater, Notar und Justizrat Ferdinand Eisenberg, eine gemeinsame Kanzlei habe und, sollte dieser auch die Zulassung verlieren, die Familie keine Existenzgrundlage mehr habe.
Eisenberg legte zahlreiche Referenzen anderer, nichtjüdischer Juristen vor, darunter auch eine Empfehlung von Patentanwalt Richard Wirth, dem Bruder und Kanzleipartner des langjährigen Sektionsvorsitzenden Max Moritz Wirth. Auch der Bund Deutscher Nationaler Juristen setzte sich für ihn (und andere jüdische Anwälte) ein. Der Bund bescheinigte Eisenberg, ein "politisch absolut zuverlässiger, national gesinnter Rechtsanwalt" zu sein.
In einem weiteren Schreiben vom Mai 1933 verwies Eisenberg auf seine besondere Expertise als Experte für gewerblichen Rechtsschutz, die in Frankfurt nicht so leicht zu ersetzen sei. Zudem bot er an, dass sein Vater Ferdinand, der wegen des "Frontkämpferprivilegs" seine Zulassung hatte behalten dürfen, darauf verzichten würde zugunsten des Sohnes – "so dass die Zahl der jüdischen Anwälte nicht höher wäre". Doch alles war vergeblich, Kurt verlor seine Zulassung. Im Frankfurter Telefonbuch von 1936 findet sich der letzte gemeinsame Eintrag von Vater und Sohn: Kurt Eisenberg firmierte nur noch als Jurist, sein 76-jähriger Vater als Justizrat und Rechtsanwalt, hatte aber seine Notarzulassung verloren. Ihre Verdienstmöglichkeiten dürften massiv eingeschränkt gewesen sein.
Wir wissen nicht, welche weiteren Repressalien die Familie erlitt. Doch wanderten Kurt Eisenberg und seine Frau Martha noch im Jahr 1936 in die USA aus. Sie trafen am 28.12.1936 mit dem Schiff Berengaria, von Cherbourg aus kommend, in New York City ein. Im Einwanderungsformular, der "Declaration of Intention", gab er als Beruf "Rechtsanwalt, arbeitslos" an. Etwa 1938 zog das Ehepaar dann nach Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania. Es gibt Hinweise, dass dort Kurt Eisenberg als Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater gearbeitet hat. Weitere Informationen über die Lebensumstände des Paares liegen uns derzeit nicht vor. 1941 stellte er den Antrag auf Einbürgerung und wurde wahrscheinlich 1944 US-Bürger – in dem gleichen Jahr, in dem seine Schwester Ilse in Auschwitz ermordet wurde.
Vorher, im Jahr 1938 war sein Vater Ferdinand Eisenberg in Frankfurt am Main verstorben. Er war inzwischen verwitwet und allein, beide Kinder waren emigriert, und wohnte offenbar in Eschersheim, in der Haeberlinstr. 6. Das Haus gehörte dem Ehepaar Ignaz und Agathe Breslau, auch sie waren schwer von NS-Verfolgung betroffen: Der frühere Kaufmann Ignaz Breslau war zu dem Zeitpunkt bereits als "Geisteskranker" in der Heilanstalt Herborn untergebracht und wurde später 1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg ermordet.
Kurt Eisenberg starb nach unseren Informationen 1974, seine Ehefrau Martha 1988.
Quellen
Archiv der Sektion Frankfurt am Main des DAV
Bundesarchiv Sign. R 3001/55081
Initiative Stolpersteine Frankfurt: Informationen zu Ignaz Breslau auf S. 44, abgerufen 13.11.23
Porträtfoto von Kurt Eisenberg: Declaration of Intention v. 25.3.1937, www.ancestry.de, abgerufen 13.11.23
Universitätsarchiv Frankfurt am Main: UAF Abt. 604, Nr. 1756 (Studierendenakte) und UAF Abt. 116, Nr. 252 (Promotionsakte)