Gerd Bonwit wurde am 15. Mai 1913 als Sohn des Kaufmanns Otto Bonwit (1871-1933) und der Irma Bonwit, geborene Bär (1888-1971) in Frankfurt am Main geboren. Er hatte noch drei Geschwister: Erika (1915-1987), die 1934 in das damalige Palästina emigrierte und dort 1936 den Mediziner Dr. Karl Wolff (1900-1984) heiratete, Ralf Bernhard (1910-1988) und Lisa (1917-2006), die beide später (1934 bzw. 1937) nach England emigrieren konnten. Dem Frankfurter Adressbuch von 1912 kann man entnehmen, dass die Familie damals "Auf der Körnerwiese 12" im Frankfurter Westend wohnte. 1919 zog die Familie in ein Einfamilienhaus im Grüneburgweg 117, das Anfang 1936 zwangsweise verkauft werden musste.
Gerd Bonwit besuchte von 1919 bis 1922 die Adlerflychtschule (Grundschule), anschließend, bis zur Unterprima (1930), das Frankfurter Goethegymnasium und danach für die Dauer eines Jahres die Höhere Handelsschule. Ab April 1931 stand Gerd Bonwit für ein Jahr in einem Lehrverhältnis bei einem Wormser Fachgeschäft für Haushalts- und Porzellanwaren, dem sich eine mehrmonatige Tätigkeit als Volontär bei der Deutschen Effekten- und Wechselbank in Frankfurt am Main anschloss.
Im Oktober 1932 nahm er eine Tätigkeit in der Firma seines Vaters auf, die zu diesem Zeitpunkt über 60 Mitarbeiter beschäftigte. Er durchlief dort alle Abteilungen und wurde schließlich Assistent seines Vaters. Gerd Bonwit sollte darauf vorbereitet werden, in der Firma "Porzellan-Bär" mittelfristig eine führende Position übernehmen zu können. Das in der Frankfurter Stiftstraße 8-10 ansässige Geschäft firmierte als "Spezialhaus für Glas, Porzellan, Haus- und Küchengeräte". Es galt in diesem Bereich als eines der größten Spezialgeschäfte Süddeutschlands.
Gerd Bonwits Vater Otto wurde durch seine Heirat mit Irma Bär im Jahre 1909 Teilhaber der Firma "Porzellan-Bär", die im Jahre 1897 von seinem Schwiegervater Moses (genannt Moritz) Bär gegründet wurde. Nach Moritz Bärs Tod im Jahre 1925 führte Otto Bonwit das Geschäft allein weiter. Der engagierte Frankfurter Bürger war viele Jahre u.a. im Vorstand der Westendsynagoge und im Gemeindevorstand der israelitischen Gemeinde Frankfurt tätig, Schulrat am Philantropin, der wichtigsten jüdischen Schule Frankfurts, als Handelsgerichtsrat und als Arbeitgebervertreter beim Arbeitsamt und der Ortskrankenkasse aktiv. Er starb am 24. Juli 1933 in seinem Haus im Grüneburgweg 117, als Polizei und Gestapo dort eine schikanöse Hausdurchsuchung vornahmen. Gerd Bonwit und seine Schwestern Erika und Lisa waren Zeugen dieses Vorfalls.
Nach dem Tod des Vaters im Juli 1933 übernahm zunächst Leopold Bär, der Bruder des Firmengründers Moritz Bär, die Leitung des Unternehmens.
Ende April 1935 musste Gerd Bonwit seine Tätigkeit bei "Porzellan-Bär" beenden, da mit Beginn des Boykotts jüdischer Geschäfte ab dem 1. April 1933 der Umsatz des elterlichen Geschäfts massiv einbrach. Aufgrund der offenbar hierdurch entstandenen erdrückenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten nahm sich Leopold Bär am 23. März 1936 in den Geschäftsräumen in der Stiftstraße das Leben.
Die Löschung der Firma "Porzellan-Bär" aus dem Handelsregister erfolgte am 13. Juli 1936. Neuer "Besitzer" wurde Johann Handel (Frankfurt an der Oder), der jedoch nur das Warenlager des Vorbesitzers übernahm. Die Änderung im Handelsregister erfolgte am 22. März 1939 unter "Johann Handel, Frankfurt am Main, Stiftstr. 8-10 bzw. Brönnerstr. 5-9".
Da sich der Niedergang des Unternehmens seines Vaters bereits abzeichnete, versuchte Gerd Bonwit einige Monate vor Beendigung seiner Tätigkeit bei "Porzellan-Bär" in die USA auszuwandern, was jedoch scheiterte. Ein in New York lebender Onkel konnte ihm das geforderte Affidavit, das für die Einreise in die USA unbedingt nötig war, nicht ausstellen.
Gerd Bonwit absolvierte daraufhin vom Mai 1935 bis zum März 1936 eine Ausbildung beim Staatlichen Technikum für Textilindustrie in Reutlingen, die er mit dem Diplom zum Webereitechniker beendete. Die angestrebte weitere Ausbildung zum Textilingenieur wurde ihm durch die immer mehr verschärfenden Maßnahmen gegen Juden verwehrt.
In seinem Lebenslauf schreibt Gerd Bonwit, dass ihn nach Erlangung seines Diploms die praktische Ausbildung in mehrere Betriebe führte. Zunächst war er in Reutlingen (Weberei Gebr. Frankfurter) und Chemnitz (Sächsische Webstuhlfabrik) tätig, bis ihn sein weiterer Berufsweg in die Schweiz führte, wo er gleich in drei Betrieben weitere praktische Kenntnisse erlangte (Tuchfabrik Sevelen in Sevelen, Gesellschaft für chemische Industrie in Basel und J.R. Geigy, ebenfalls in Basel).
Schließlich wanderte er im August 1938 nach Argentinien aus, wohin die Mutter Irma im Jahr 1940 folgte. Sein Start in diesem Land war sehr schwer. In Abendkursen musste er seine fehlenden beruflichen Kenntnisse nachholen und erhielt schließlich im Dezember 1943 am "Politecnico Norberto Pinero" das Diplom eines Technikers für Industriechemie.
Nach 1943 war Gerd Bonwit bei verschiedenen Firmen in Argentinien beschäftigt. Nach eigener Aussage waren seine Vergütungen über die Jahre hinweg "unzulänglich". Erst nachdem er sich im Jahre 1952 entschloss, als selbständiger Vertreter tätig zu werden, verbesserte sich allmählich seine wirtschaftliche Lage.
Am 30. April 1953 heiratete er die am 6. Oktober 1927 in Halle an der Saale geborene Sigrid Eva Paulina, geborene Burghardt. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Über den weiteren Lebensweg von Gerd Bonwit ist bislang nichts bekannt. Er starb am 28. August 2004 in Buenos Aires, seine Frau Sigrid bereits am 13. Januar 2000 ebendort.
Gerd Bonwit trat im Jahre 1932 in die Sektion Frankfurt am Main ein. Seine Bürgen sind derzeit nicht ermittelbar, da die entsprechenden Nachrichtenblätter der Sektion mit den Nachweisen nicht mehr vorhanden sind. Über alpinistische oder vereinsinterne Aktivitäten Gerd Bonwits ist nichts bekannt.
Ob er aus dem Alpenverein ausgeschlossen wurde oder seine Mitgliedschaft vor seiner Emigration im Jahre 1938 aufgab, ist ebenfalls unbekannt. Nach der Anfang 1934 beschlossenen Satzungsänderung durften sogenannte "Nichtarier" nicht mehr in der Sektion Frankfurt verbleiben, außer sie waren im Ersten Weltkrieg "Frontkämpfer" oder schon vor dem Jahr 1914 Mitglied der Sektion. Beides traf auf Gerd Bonwit nicht zu.
Sein Vater Otto Bonwit war ebenfalls Mitglied der Frankfurter Sektion. Er trat 1913 in die Sektion ein, ist aber in dem Verzeichnis der Sektionsmitglieder von 1925 nicht mehr aufgeführt. Stattdessen findet sich sein Name im Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins vom November 1930 neben Dr. Walter Bing als Bürge für Gerds Bruder Ralf Bernhard Bonwit, damals Student. Da Otto Bonwit unter den Neueintritten seit Oktober 1926 nicht zu finden ist, muss er zwischen März 1925 und Oktober 1926 erneut in die Sektion eingetreten sein. Eventuell hat Otto Bonwit auch den Eintritt seines zweiten Sohnes Gerd empfohlen. Otto Bonwit ist vor seinem Tode im Juli 1933 nicht aus der Frankfurter Sektion ausgetreten. Vielmehr wurde seines Todes auf der Jahreshauptversammlung am 28. Mai 1934 gedacht. Entsprechend findet er sich auch auf der ersten Seite des Nachrichten-Blattes vom Juni 1934 als verstorbenes früheres Mitglied namentlich aufgeführt!
Quellen
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, HHStAW Abt. 518, Nr. 39850
Dieter Wesp, Frankfurt am Main - mündliche Hinweise und unveröffentlichte Recherche zur Stiftstraße 8-10, Frankfurt a.M.