Ernst Hochstaedter wurde am 18. September 1872 in Frankfurt am Main als Sohn von David Hochstaedter und Dora Hochstaedter, geb. Cahn. geboren. Sein Vater war Kaufmann und zusammen mit Bernhard Bergmann Eigentümer einer Portefeuilles-Fabrik in der Töngesgasse. Ernst Hochstaedter hatte eine Schwester, deren Tochter Disy Kahn, geb. Rosenberger, nach Großbritannien (London) emigriert ist. Er heiratete am 30. Juli 1926 die am 5. Juli 1884 geborene Nichtjüdin Mathilde Hamm. Nach der nationalsozialistischen Auslegung lebte das Paar in "Mischehe". Die Ehe war kinderlos.
Ernst und Mathilde Hochstaedter mussten in Frankfurt mehrmals umziehen: Laut Adressbuch der Stadt Frankfurt am Main wohnte die Familie Hofstaedter in der Beethovenstraße 3a, während sich seine Kanzlei in der Goethstraße 27 befand. Ab 1938 wohnten sie in der Voelckerstraße und ab Juli 1940 in der Neuhaußstraße. Hier mussten sie ein Zimmer der Wohnung untervermieten, um ihren Lebensunterhalt aufzubessern zu können. Ab März 1942 wohnte das Paar in der Liebigstraße und schließlich ab Dezember 1942 in der Ostendstraße.
Dr. jur. Ernst Hochstaedter arbeitete in Frankfurt am Main als Rechtsanwalt und Notar. Er ist im Jahr 1896 mit einer Arbeit über "Die rechtliche Natur der Disziplinarstrafe insbesondere der Disziplinarstrafe gegen Beamte" an der Universität Göttingen promoviert worden. Damals war er Gerichtsreferendar. Am Landgericht Frankfurt am Main war er seit dem 2. Mai 1899 als Rechtsanwalt eingetragen. Dr. Ernst Hochstaedter ist vor und nach dem Ersten Weltkrieg auch im Rahmen des Weimarer Kartells, eines Zusammenschlusses von Organisationen, die unter anderem für die vollständige Trennung von Schule und Kirche eintraten, aktiv geworden. So war er um 1911 der 1. Kassenführer des Geschäftsführenden Ausschusses in Frankfurt am Main und hat 1914 auf einem Treffen dieses Kartells neben Max Henning (1861-1927) über die "Aufstellung eines Programms für Trennung von Staat und Kirche" referiert. In diesem Umfeld hat er zusammen mit Ludwig Wahrmund in der Zeitschrift Das freie Wort 1914 einen Aufsatz "Zur 'Akademie des freien Gedankens'" veröffentlicht. Zudem war er einer der Unterzeichner einer im November 1918 an die deutsche Reichsregierung und die preußische Regierung gerichtete Eingabe des Weimarer Kartells zur Gleichstellung aller freidenkerischen Gemeinschaften mit den Kirchen.
Im August 1920 ist Dr. Hochstaedter zudem zum Notar bestellt worden. Bereits am 29. Juni 1933 wurde er aus der Anwaltsliste gestrichen und erhielt damit Berufsverbot, obwohl er als "Altanwalt", also als bereits vor 1914 zugelassener Rechtsanwalt, selbst nach NS-Recht noch hätte praktizieren können. Am 20. Januar 1943 hat ihn die Frankfurter Gestapo "zur Erörterung" vorgeladen und verhaftet, anschließend im Gerichtsgefängnis inhaftiert. Am 15 März 1943 wurde er in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort am 24. März 1943 ermordet. Seine nichtjüdische Ehefrau Mathilde Hochstaedter überlebte die NS-Zeit. Sie starb am 21. März 1971 in einem Pflegheim in Meerholz, einem Stadtteil von Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis).
Heinrich Baab, Sachbearbeiter der Geheimen Staatspolizei, wurde wegen des Todes von Dr. Ernst Hochstaedter im Jahr 1950 des vollendeten Mordes für schuldig befunden und erhielt eine lebenslange Zuchthausstrafe.
Ernst Hochstaedter trat im Jahr 1901 in die Frankfurter Alpenvereinssektion ein. Welche Bergtouren er unternommen hat, entzieht sich vorerst unserer Kenntnis. Wir fanden ihn jedoch im August 1902 in der Meraner Zeitung als Gast im Hotel Graf von Meran nachgewiesen, sodass er damals wahrscheinlich in den Südtiroler Alpen unterwegs gewesen ist. 1912 spendete er für den Erweiterungsbau des Gepatschhauses 10 Mark. Ob er zu seinem 25-jährigen Vereinsjubiläum noch Mitglied der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins war, ist unklar, weil er in der Liste der Jubilare im Mitteilungsblatt des Jahres 1926 nicht genannt wurde. Allerdings ist er im Mitgliederverzeichnis des Jahres 1925 noch geführt. Über Aktivitäten in der Sektion ist uns derzeit mangels Quellen nichts bekannt.
Quellen und Literatur
Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden, HHStAW Abt. 519/3, Nr. 677 und Nr. 20037
Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden, HHStAW Abt 518, Nr. 16547, Band 2
Ernst Hochstaedter: Die rechtliche Natur der Disziplinarstrafe, insbesondere der Disziplinarstrafe gegen Beamte. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der juristischen Doctorwürde der hohen juristischen Fakultät der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen. Dieterichsche Universitäts-Buchdruckerei Göttingen 1896.
Ludwig Wahrmund, Ernst Hochstaedter: Zur "Akademie des freien Gedankens". In: Das freie Wort 14 (1914), S. 306-312.
Quellenangaben