Eduard Hermann Strasburger wurde am 15. Januar 1907 in Bonn als Sohn von Prof. Julius Strasburger und der Marie-Edith Strasburger, geborene Nothnagel, geboren. Er hatte drei Geschwister: Marie Anna Dorothea Strasburger, verheiratete de Liagre Böhl (1905-1996), Hermann Julius Strasburger (1909-1985) und Gerhard Oskar Paul Strasburger (1912-1993). Der Vater Julius Strasburger hatte einen protestantischen Vater, den Professor Eduard Strasburger (1844-1912). Seine Mutter war Alexandrine von Wertheim (1847-1902). Ihr in Warschau geborener Vater, der Bankier Julius Wertheim, war 1844 vom Judentum zum Protestantismus konvertiert. Ihre ebenfalls in Warschau geborene Mutter Johanna Dorothea Flamm, Tocher von Dawid und Zofia Flamm, war wahrscheinlich ebenfalls zum Christentum konvertiert.
Die Familie zog 1913 aus Breslau nach Frankfurt am Main, weil sein Vater die Leitung des Therapeutikums und der medizinischen Poliklinik im städtischen Krankenhaus angetreten hatte. 1914 wurde Julius Strasburger zudem Professor für Innere Medizin an der neu gegründeten Universität Frankfurt. Die Familie Julius Strasburgers wohnte in der Miquelstraße 44, später in Siesmayer-Straße umbenannt, im Frankfurter Westend.
Eduard H. Strasburger verlobte sich 1933 in Göttingen mit Dr. Else von Gierke. Da sie ebenfalls ein jüdisches Großelternteil hatte, erhielt das Paar im Deutschen Reich aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung keine Heiratserlaubnis. Deshalb heirateten sie im November 1937 in London. Sie bekamen im August 1938 ein Kind: Eva Maria Strasburger, später verheiratete Rooschüz. Die Familie Eduard Strasburgers wohnte damals bei seiner Mutter in der Beethovenstraße 34, 2. Stock, ebenfalls im Frankfurter Westend.
Eduard H. Strasburger ging in Frankfurt zuerst auf das humanistische Lessing-Gymnasium und ab 1920 auf die Musterschule, damals ein Reformrealgymnasium. Nach Ablegung des Abiturs studierte er an der Universität Göttingen Zoologie. Dort hat er im Juli 1932 sein Doktorexamen mit der Note sehr gut abgelegt. Seine Dissertation behandelte das Thema "Über den Formwechsel des Chromatins in der Eientwicklung der Fliege Calliphora erythrocephala Meigen" und erschien 1933 in Band 17 der Zeitschrift für Zellforschung und mikroskopische Anatomie. Eduard H. Strasburger wurde daraufhin im März 1933 promoviert. Im Jahr 1935 erschien eine weitere Arbeit unter dem Titel "Drosophila Melanogaster Meig. Eine Einführung in den Bau und die Entwicklung" im Berliner Springer-Verlag.
Eduard H. Strasburger ist bis Herbst 1934 bei Prof. Albert Kühn als Assistent an der Universität Göttingen tätig gewesen, durfte aufgrund seiner jüdischen Vorfahren aber nicht mehr habilitieren. Prof. Kühn schrieb 1957 zu Strasburgers Forschungen: "Alle Arbeiten Dr. Strasburgers zeichnen sich durch Überlegung und Gründlichkeit aus. Wenn nicht politische Hemmungen bestanden hätten, wäre ihm bestimmt der Eintritt in die akademische Laufbahn offen gestanden, und er hätte Aussicht gehabt, darin fortzuschreiten."
Strasburger ging dann nach Berlin und arbeitete bis 1937 am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung bei Prof. Oskar Vogt. Nachdem Vogt das Institut wegen seiner Haltung zu Juden und Kommunisten, die der nationalsozialistischen widersprach, verlassen musste, ging Strasburger mit ihm an das privat finanzierte Institut für Hirnforschung GmbH in Neustadt (Schwarzwald). Dort war auch seine Ehefrau Dr. Else Strasburger tätig. 1938 wurden beide entlassen. Oskar Vogt schrieb hierzu im Jahre 1950 aus Edinburgh:
"Im Juni 1938 wurde ich zu meinem größten Bedauern genötigt, Herrn Dr. E. Strasburger, der damals eine Assistentenstelle am Neustädter Hirnforschungsinstitut inne hatte, zu kündigen. Das Institut verlor damit zwei beliebte und wertvolle Mitarbeiter. Die Nötigung zu dieser meiner Kündigung war ausschließlich dadurch veranlasst, dass Herr Dr. Strasburger durch seine Verheiratung mit Fräulein Dr. von Gierke gegen die damaligen Nürnberger Gesetze verstoßen hatte."
Marie Strasburger empfahl zusammen mit Max Tasche im Sommer 1931 die Aufnahme von Eduard H. Strasburger, damals Student und wohnhaft bei den Eltern in der Miquelstraße 44. Laut Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main wurde er im Oktober 1931 tatsächlich in die Sektion aufgenommen. Das Bergsteigen hatte er aber schon vorher betrieben. Walter Schmitthenner schreibt über den jüngeren Bruder Hermann Strasburger, der im Sommer 1928 in Innsbruck studierte und dort Donnerstag bis Sonntag fürs sommerliche Bergsteigen reservierte:
"Die Leidenschaft für die alpine Kunst war 1925 bei einem Engadinaufenthalt mit den Eltern erwacht. Seither verging bis zum Kriegsausbruch [im September 1939] kein Jahr, in dem er nicht auf 'große Bergfahrten', wie es damals hieß, gegangen wäre, am häufigsten und liebsten mit dem Bruder Eduard und mit Albert Schweitzer (1909-1952), dem aus Köln gebürtigen Medizinier und Freund, der 1935 nach England emigrierte."
Ob Eduard H. Strasburger an Veranstaltungen der Frankfurter Sektion teilgenommen hat, wissen wir nicht. Da er aber die meiste Zeit nicht in Frankfurt lebte, ist er vermutlich nicht aktiv gewesen. Als sogenannter "Mischling 2. Grades" hätte er nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden können. Ein Austritt 1933 oder ein späterer Ausschluss aus der Sektion kann zurzeit mangels Quellen nicht nachgewiesen werden.
Eduard H. Strasburger wurde von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Vorfahren als sogenannter "Mischling 2. Grades" verfolgt. Er durfte daher nach 1933 nicht mehr habilitieren, sodass die von ihm angestrebte Universitätskarriere verfolgungsbedingt unmöglich war. Im Jahr 1938 ging Strasburger in die Niederlande und arbeitete auf Vermittlung des Ehemannes seiner Schwester Marie, des Prof. Dr. Franz Marius Theodor de Liagre Böhl (1882-1976), am Amsterdamer Institut für Hirnforschung. Ostern 1940 kehrte er nach Frankfurt zurück und arbeitete von Mai bis September 1940 an der von Prof. Karl Kleist geleiteten Nervenklinik der Stadt und Universität Frankfurt im Labor.
Im Oktober 1940 ist Eduard H. Strasburger in die Wehrmacht eingezogen worden. Als "nicht-arischer Mischling" wurde er einer Strafkompanie zugeteilt. 1943 kam er in eine Sanitätseinheit und erreichte den Dienstgrad eines Sanitätsobergefreiten. Er kämpfte nach September 1943 in Italien und später an der Ostfront. Seit März 1945 galt er als vermisst und wurde schließlich im Jahr 1961 für tot erklärt.
Sein Vater Julius Strasburger wurde wegen seiner jüdischen Vorfahren zum 1. Oktober 1934 zwangsweise in den Ruhestand versetzt, obwohl er "Frontkämpfer" im Ersten Weltkrieg und bereits vor 1914 preußischer Beamter war. Kurz darauf verstarb er an einem Herzanfall. Walter Schmitthenner schrieb hierzu: "Niemand bezweifelte, daß der Tod des zuvor gesunden Mannes durch diese ihn tief kränkende und ihm im Grunde unverständliche Behandlung verursacht war."
Auch der Bruder Hermann Strasburger durfte im nationalsozialistischen Deutschland nicht habilitieren. Er konnte lediglich einige historische Beiträge publizieren, etwa die Artikel Nobiles und Optimates für die berühmte Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft. Im Mai 1940 musste er zur Wehrmacht, wurde Ende 1942 an die Ostfront geschickt und erlitt dort im April 1943 eine schwere Verwundung, sodass er als "Schwerkriegsbeschädigter" nach Frankfurt zurückkam. Er wurde schließlich Professor in Frankfurt am Main und Freiburg im Breisgau. Hermann Strasburger starb 1985 in der Schweiz und wurde in Freiburg beerdigt.
Quellen und Literatur
Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, HHStAW Abt. 518, Nr. 20505
Eduard H. Strasburger: Über den Formwechsel des Chromatins in der Eientwicklung der Fliege Calliphora erythrocephala Meigen. In: Zeitschrift für Zellforschung und mikroskopische Anatomie 17 (1933) S. 83-117.
Eduard H. Strasburger: Drosophila melanogarster Meig. Eine Einführung in den Bau und die Entwicklung. Springer: Berlin 1935.
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin: Julius Strasburger, online abrufbar
Frankfurter Personenlexikon: Hermann Strasburger, online abrufbar
Walter Schmitthenner: Biographische Vorbemerkung. In: Hermann Strasburger: Studien zur Alten Geschichte. Hrsg. von Walter Schmitthenner und Renate Zoepffel. Band I. Georg Olms Verlag Hildesheim/New York 1982, S. XVII-XXXIV.
Gabriele Möbus-Weigt: Der Frankfurter Internist und physikalische Therapeut Julius Strasburger (1871-1934). Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin des Fachbereiches Humanmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Frankfurt am Main 1996.