Familie
Dr. Heinrich Köbner, 1870er Jahre, Vater von Prof. Dr. Otto Max Köbner.

Otto Max Köbner wurde im Juni 1869 als Sohn des Dermatologen Dr. Heinrich Köbner (1838-1904) und der Agnes Ephraim (?-1889) in Breslau geboren. Seine Eltern waren jüdisch. Sein Vater habilitierte sich 1869 an der Universität Breslau in Medizin. 1872 wurde Heinrich Köbner Professor und vier Jahre später zum Direktor der Breslauer Universitätsklinik und Poliklinik für Hautkrankheiten und Syphilis ernannt.

Otto Max Köbner heiratete im Dezember 1914 in Berlin die im November 1878 dort geborene Eva Liebermann. Sie war die Tochter des jüdischen Textilunternehmers Georg Liebermann (1844-1926), älterer Bruder des berühmten jüdischen Malers Max Liebermann (1847-1935), und der Elsbeth Marckwald (1855-1924). Die Ehe der Köbners war kinderlos. Otto Max Köbner ließ sich im Februar 1898 evangelisch taufen, also in dem Jahr, in dem er Mitarbeiter im Reichsmarineamt in Berlin wurde. In Frankfurt wohnten die Köbners mindestens ab 1928 in der Zeppelinallee 44.

Beruflicher Werdegang
Otto Köbner, vermutlich vor 1918. Fotografin: Hänse Herrmann. Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität Berlin.

Nachdem Otto Köbner am Berliner Wilhelm-Gymnasium 1887 das Abitur abgelegt hatte, studierte er an den Universitäten Freiburg (i. Brsg.), Berlin und Wien Jura. Im Jahr 1890 legte er das erste juristische Staatsexamen ab. Im September 1891 wurde er an der Universität Berlin mit einer Arbeit über "Die Maßregel der Einziehung nach dem Reichsstrafgesetzbuche und der Nachdruckgesetzgebung" zum Dr. jur. promoviert. Fast vier Jahre später wurde er mit einer weiteren Arbeit über "Die Methode einer wissenschaftlichen Rückfallstatistik als Grundlage einer Reform der Kriminalstatistik" an der Universität Berlin zum Dr. phil. promoviert.

Ab 1891 war er als Referendar in der deutschen Hauptstadt tätig, 1896 am Kammergericht Berlin. Im Jahr darauf wurde er Gerichtsassessor und war zugleich juristischer Hilfsarbeiter im Reichsmarineamt. Dr. Otto Köbner stieg allmählich auf. Zuerst wurde er 1900 zum Kaiserlichen Justizrat und etatmäßigen Hilfsrat bei der Zentralverwaltung für das deutsche Schutzgebiet in China Kiautschou ernannt, dann Admiralitätsrat und 1907 schließlich Wirklicher Admiralitätsrat und vortragender Rat im Reichsmarineamt (Zentralverwaltung für das Schutzgebiet Kiautschou). 1913 folgte dann die Ernennung Köbners zum Geheimen Admiralitätsrat mit dem Rang der Räte 2. Klasse. Von 1915 bis Anfang 1920 ist er Referent im Reichsamt des Inneren bzw. im Reichsministerium des Inneren geworden. Er unternahm zahlreiche Reisen, darunter solche nach Nordamerika und Ostasien.

Parallel zu seiner juristischen Tätigkeit ist Dr. Otto Köbner von 1901 bis 1906 als Hilfslehrer für Konsular- und Kolonialrecht am Seminar für Orientalische Sprachen der Universität Berlin tätig gewesen. Seit Juli 1902 trug er den Titel Professor. Seit 1905 war er zuerst als Privatdozent an der juristischen Fakultät der Universität Berlin, dann als außerordentlicher und ab 1917 als ordentlicher Honorarprofessor tätig.

Zum 1. Oktober 1925 wurde er zum ordentlichen Professor in der Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt am Main für Auslandskunde, auswärtige Politik sowie Kolonialwesen ernannt. Er war zugleich Direktor der neu geschaffenen Abteilung für Auslandskunde am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität. Bis einschließlich Sommersemester 1933 hat er Vorlesungen und Übungen hierzu abgehalten, zum Beispiel im Wintersemester 1930/31 über "Entwicklungslinien der Weltpolitik", "Probleme des britischen Weltreiches" und "Seminaristische Uebungen aus dem Gebiet der auswärtigen Politik" sowie im Sommersemester 1933 über "Auswärtige Politik" und "Probleme Ostasiens".

Im Ersten Weltkrieg hat Prof. Dr. Otto Köbner nicht nur im Reichsamt des Inneren gearbeitet, sondern ist zum Beispiel im Frühjahr 1918 auch an die Front in Mazedonien gereist und hat dort Vorträge für Soldaten gehalten. Im April 1917 wurde er mit dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe ausgezeichnet und im Januar 1918 mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse am weißen Band, das Personen erhielten, die nicht an der Front kämpften.

Otto Köbner hat zahlreiche Arbeiten publiziert, beispielsweise die 1908 in Jena erschienene "Einführung in die Kolonialpolitik" und 1930 in Berlin die Schrift "Wohlfahrtserwerbslose und Gemeinden". Ebenfalls 1930 erschien unter dem Titel "Außenpolitische Studien" eine von Wilhelm Arntz herausgegeben Festschrift für Otto Köbner zu seinem 60. Geburtstag. Seine Ansichten im Hinblick auf die Lehrtätigkeit in Frankfurt hat Prof. Dr. Otto Köbner 1926 in der Kölner Universitäts-Zeitung unter dem Titel "Die weltpolitische Schulung des Studenten" veröffentlicht. Er bezeichnete seine Arbeit laut Stadtausgabe der Frankfurter Zeitung vom 11. November 1925 als "nationale Erziehungsaufgabe" im Hinblick auf die auswärtige Politik.

Rolle in der Sektion
N.N.: Bericht über das Vereinsjahr 1934. In: Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Nr. 2 vom April 1935, S. 10 (Ausschnitt).

Prof. Dr. Otto Max Köbner wurde laut Nachrichten-Blatt der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins im März 1930 Mitglied der Frankfurter Sektion. Er kam von der Sektion Berlin, der er als Student bereits im Jahr 1888, also im Alter von 19 Jahren, beigetreten war.

In der Berliner Sektion ist er in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg aktiv gewesen. Beispielsweise sprach er im Mai 1890 über "Dalmatien und Montenegro" und berichtete im November 1897 "Aus den Abruzzen". Dank eingereichter Tourenberichte wissen wir, dass er in den 1890er Jahren zum Beispiel den Hohen Dachstein (2995m), die Suldenspitze (3376m), die Cima di Brenta (3151m) und den Corno Grande des Gran Sasso d'Italia (2912m) bestiegen hat. Nach 1900 folgten beispielsweise die Besteigung des Titlis (3238m) im Jahr 1901 und der Rotwandspitze in der Rosengartengruppe (2806m) im Jahr 1909, aber auch die Winterbesteigung des Rochers-de-Naye (2042m) im Jahr 1901 sowie Winterwanderungen im Harz (Brocken, 1901/2) und im Riesengebirge (1908/9).

Otto Max Köbner war im Januar 1889 in Wien bei einer Feier der Akademischen Sektion Wien anwesend und hat nach seiner Rückkehr in die deutsche Hauptstadt die Akademische Sektion Berlin mitgegründet. Er war zugleich bis Herbst 1890 ihr erster Vorsitzender und später Mitglied als "Alter Herr". Laut Jahresbericht 1928/29 der Akademischen Sektion Berlin, der zugleich die Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum der Akademischen Sektion bildete, ist er neben dem jüdischen Architekten Fedor Feit und dem Amtsgerichtsrat Lothar Keyssner einer der drei Ehrenmitglieder dieser Sektion gewesen. Interessanterweise stimmte auch die Akademische Sektion Berlin 1924 gegen den antisemitisch motivierten Ausschluss der stark durch jüdische Mitglieder geprägten Sektion Donauland.

Gegenwärtig können wir nicht sagen, in welcher Weise Prof. Dr. Otto Köbner am Sektionsleben in Frankfurt am Main teilgenommen hat. Obgleich er aus einer jüdischen Familie stammte, ist er 1933 nicht aus der Sektion ausgetreten. Da Prof. Köbner bereits vor 1914 Mitglied im Alpenverein gewesen ist, betraf ihn der in Frankfurt neu eingeführte sogenannte "Arierparagraf" nicht. Interessanterweise wurde er im Nachrichten-Blatt der Frankfurter Sektion vom April 1935 namentlich unter den "treuen und bewährten Mitgliedern" aufgeführt, die der Tod im Vorjahr aus den Reihen der Sektion "gerissen" hat. Dies belegt, dass ihn die Sektion tatsächlich bis zu seinem Tod im Januar 1934 nicht ausgeschlossen hatte.

Verfolgungsschicksal

Otto Max Köbner durfte wegen seiner jüdischen Eltern ab dem Wintersemester 1933/34 nicht mehr an der Universität Frankfurt lehren. Laut eines Schreibens im Universitätsarchiv Frankfurt am Main hat Professor Köbner Anfang August 1933 selbst um seine Emeritierung gebeten. Diese erfolgte zum Ende September desselben Jahres. Er starb bereits im Januar 1934 und wurde auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf beerdigt, wo sich zum Beispiel auch die Gräber von Gustav Langenscheidt, Werner von Siemens und Heinrich Zille befinden. Auf die Mitteilung des Todes von Otto Köbner durch seine Witwe Eva Köbner schrieb der im April 1933 eingesetzte Rektor der Universität Frankfurt am Main Ernst Krieck an sie:

"Hochverehrte gnädige Frau! Nehmen Sie bitte das herzliche Beileid unserer Universität und auch das meine entgegen zu dem Heimgange Ihres Herrn Gemahls. An seiner Bahre trauert mit Ihnen unsere Universität und ihr Lehrkörper, die in ihm einen ausgezeichneten Lehrer und einen lieben Kollegen verlieren. Aber nicht nur auf den Kreis der Universität erstreckte sich sein rastloses Wirken; durch seine Vorträge und die von ihm ins Leben gerufenen außerordentlich erfolgreichen Vortragsreihen hat er Klarheit und Wissen über Auslandsfragen in breite Schichten unseres Volkes getragen und in diesem das Bewußtsein seiner Weltgeltung gestärkt. Der Name des Verblichenen wird in unserem Herzen und in der Geschichte unserer Hochschule unvergessen bleiben. Mit dem Ausdruck ausgezeichneter Hochschätzung verbleibe ich Ihr sehr ergebener Krieck".

Für einen nationalsozialistisch orientierten Rektor ist diese Ehrung eines als Juden verfolgten Professors ungewöhnlich. Sie zeigt aber die hohe Wertschätzung, die Otto Köbner an der Universität genoss.

Eva Köbner nahm sich laut des vom Bundesarchiv herausgegebenen Gedenkbuchs der Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland im Oktober 1939 das Leben. Ihr Bruder, der Chemiker Prof. Dr. Hans Liebermann, hatte wegen der nationalsozialistischen Verfolgung bereits ein Jahr zuvor, im September 1938, ebenfalls Selbstmord begangen.

Quellen und Literatur

Universitätsarchiv Frankfurt am Main, UAF Abt. 4, Nr. 1397 und Abt. 14, Nr. 914

Otto Köbner: Die Maßregel der Einziehung nach dem Reichsstrafgesetzbuche und der Nachdruckgesetzgebung. Altenburg 1891 (zugleich Berlin, Universitäts-Dissertation).

Otto Köbner: Die Methode einer wissenschaftlichen Rückfallstatistik als Grundlage einer Reform der Kriminalstatistik. Berlin 1895 (zugleich Berlin, Universitäts-Dissertation).

Otto Köbner: Einführung in die Kolonialpolitik. Jena 1908.

Otto Köbner: Die weltpolitische Schulung des Studenten. In: Kölner Universitäts-Zeitung 1926, Nr. 11.

Außenpolitische Studien. Festschrift für Otto Köbner. Hrsg. von Wilhelm Arntz. Stuttgart 1930.

Bericht der Jewish Telegraphic Agency zum Tod von Prof. Otto Köbner vom 31. Januar 1934, online abrufbar

Hessische Biografie: Otto Köbner, online abrufbar

Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte: Heinrich Köbner, online abrufbar

Jahresberichte der Sektion Berlin des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, online abrufbar

Akademische Sektion Berlin des D.u.Ö.A.V 1889-1894, online abrufbar

Jahresbericht 1928 und 1929 der Akademischen Sektion Berlin des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. Festschrift zum 40-jährigen Bestehen, online abrufbar