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Wir sind dabei, Franz Oppenheimers Schicksal zu dokumentieren.
Franz Oppenheimer wurde am 30. März 1864 in Berlin, in der Krausnickstraße 5, als Sohn des im Mai 1827 in Uslar (Solling) geborenen Reformrabbiners und Religionslehrers Julius Oppenheimer (gest. 1909 in Berlin-Charlottenburg) und der im Januar 1837 in Pyritz (Pommern, Preußen) geborenen Antonie Davidso(h)n (gest. 1910 in Berlin-Steglitz) geboren. Er hatte vier Geschwister: Georg Oppenheimer (1860-1872, er starb als Kind an der Cholera), Paula Dehmel, geb. Oppenheimer (1862-1918), Sara, genannt Elise, Steindorff (1866-1963), Ehefrau des berühmten Ägyptologen Dr. Georg Steindorff (1861-1951), und Dr. Carl Nathan Oppenheimer (1874-1941).
Franz Oppenheimer heiratete Martha Amalia Oppenheim, die im Februar 1868 in Berlin als Tochter von Julius Oppenheim (1833-1904) und Regina Wolff (1839-1907) geboren wurde. Sie hatten drei Kinder: Eva (1893-1912), Ludwig (1897-1979) und Heinz Reinhard, später Hillel (1899-1971). Franz Oppenheimer heiratete ein zweites Mal. Mit der 1879 in Fécamp (Frankreich) geborenen Mathilda Hanna Holl hatte er eine Tochter: Renata Ellen Lenart, geb. Oppenheimer (1917-2012). Allerdings starb Mathilda Hanna Oppenheimer bereits im Mai 1921 in Frankfurt am Main. Nach seinem Umzug aus Berlin wohnte Franz Oppenheimer zwischen 1919 und 1929 im Hühnerweg 1 im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen. Danach verließ er Frankfurt am Main wieder.
Prof. Dr. Franz Oppenheimer ist der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins im Jahr 1921 beigetreten, nachdem er zuvor seit 1901 Mitglied der Sektion Berlin gewesen war. Sein Sohn Ludwig Oppenheimer folgte ihm im Jahr 1923, als auch er in die Frankfurter Sektion eingetreten ist.
In seinen Erinnerungen schreibt Franz Oppenheimer, dass der Lehrer Löchner des Friedrich-Gymnasiums durch dessen Berichte über Wanderungen in ihm "den ersten Keim" der Leidenschaft für die Berge und das Bergsteigen ins Herz gesetzt hat. Laut des Jahresberichtes der Sektion Berlin des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins für das Jahr 1880 war der Schulvorsteher Löchner 1870 in die Sektion Berlin eingetreten, also bereits ein Jahr nach Gründung dieser Sektion. Wie groß die Bedeutung der Wanderungen in den Alpen für Prof. Dr. Franz Oppenheimer war, sieht man darin, dass er in seinen Erinnerungen einen eigenen Abschnitt den "Alpenfahrten" gewidmet hat. Dort heißt es:
"Aber das große heilsame Gegengewicht gegen die angespannte Geistesarbeit fand ich doch durch die Jahrzehnte hindurch in meinen Bergfahrten, vor allem in den Alpen, die ich in allen ihren Hauptgruppen durchstreifte und in denen ich zwischen zwei- und dreihundert Gipfel bestieg, aber auch in der Sächsischen Schweiz, dem wunderbarsten 'Klettergarten', der sich erdenken lässt. Vom Jahre 1888 an bis 1921 habe ich fast jedes Jahr vier bis fünf Wochen Gipfel auf Gipfel gestürmt; die Berge waren das Paradies meines Mannesalters; [...] Noch im Jahre 1921 konnte ich recht schwierige führerlose Touren in Tirol mitmachen und teilweise sogar führen. Dann aber traf mich ein schwerer Unfall: als Gast meines Freundes Richard Sichler auf seinem Schloß Bürglen bei Basel verunglückte ich, als ich in einer klaren Nacht mich einer meiner großen Freuden hingab, der Beobachtung des gestirnten Himmels."
Franz Oppenheimer stürzte fünf Meter tief hinab und zog sich einen so komplizierten Bruch des linken Oberschenkels zu, dass er danach keine großen und schwierigen Wanderungen mehr unternehmen konnte. In welcher Weise er am Sektionsleben in Frankfurt ab 1921 teilnahm, ist leider unklar, da uns entsprechende Quellen bisher fehlen. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1929 zog Franz Oppenheimer nach Lüdersdorf (Brandenburg, Preußen), sodass er nicht mehr an Veranstaltungen der Sektion Frankfurt am Main teilnehmen konnte. Ob er nach seinem Weggang aus der Sektion ausgetreten oder bis zur NS-Zeit Mitglied geblieben ist, wissen wir nicht. In die Berliner Sektion scheint er zumindest bis 1933 nicht eingetreten zu sein, da wir ihn in den veröffentlichten Mitgliederlisten nicht ermitteln konnten, wohl aber seinen Bruder Dr. Carl Oppenheimer, der seit 1925 Mitglied der Berliner Sektion gewesen ist.
Unter den Berggipfeln, die Franz Oppenheimer bestieg, befinden sich beispielsweise das Matterhorn (4478m), Piz Bernina (4048m), der Tödi (3613m) in den Glarner Alpen, die Spritzkarspitze (2606m) über der Eng, die Rosengartenspitze (2981) in den Dolomiten und die Weißkugel (3738m) in den Ötztaler Alpen. Franz Oppenheimer machte viele Touren mit Familienangehörigen, vor allem mit seinem jüngeren Bruder Carl, aber auch mit dem Vetter Adolf Nassau und dem Schwager Paul Oppenheim (1863-1934), daneben mit Kollegen und Freunden wie dem Physik-Professor Max Abraham (1875-1922) und dem Biochemiker Leonor Michaelis (Berlin 1875-1949 New York City). Die gemeinschaftlichen Touren mit und ohne Bergführer beschreibt Franz Oppenheimer in seinen Erinnerungen wie folgt:
"Was waren das jedesmal für reiche, für erfüllte Wochen! Wir teilten nicht nur die Strapazen und die Freuden der Bergfahrten miteinander, sondern gaben uns gegenseitig das Beste, was wir hatten: unser Wissen, unsere Gedanken. Wir waren schweigsam, wenn wir unter dem wuchtigen Rucksack der Führerlosen unsern Weg aufwärts erzwangen und im schwierigen Gelände auch im Abstieg. Aber auf den Wegen zu den Hütten zurück und in den Hütten selbst, namentlich an regnerischen Tagen, wenn uns unerwünschte Rast aufgezwungen war, dann hoben sich die Schleusen, und jeder sprach von seiner Arbeit, von seinem Streben, von seinen Plänen und Entwürfen."
Quellen und Literatur
Franz Oppenheimer: Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes. Lebenserinnerungen. Geleitwort von Bundeskanzler Ludwig Erhard und mit einer Einleitung von Joachim Tiburtius. Ergänzt durch Berichte und Aufsätze von und über Franz Oppenheimer. Hrsg. von Ludwig Y. Oppenheimer. Joseph Melzer Verlag Düsseldorf 1964.
Jahresberichte der Sektion Berlin des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, online abrufbar
Bericht der Sektion Frankfurt am Main des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1919-1924. Frankfurt 1925, online abrufbar
Frankfurter Personenlexikon: Franz Oppenheimer, online abrufbar